An meinem Wohnort Aachen wurde kürzlich ein Jubiläum gefeiert:
200 Jahre Landesvermessung in NRW im ehemaligen Cöletininnenkloster, Aachen Am 12. Juni 1801 ordnete NAPOLEON BONAPARTE die Einrichtung eines topographischen Büros im damaligen Cölestininnenkloster* in Aachen an. Von hier wurde, nachdem das westliche Rheinufer dem französischen Staatsgebiet zugeschrieben worden war, eine erste vollständige Kartenaufnahme dieses Gebietes ausgeführt: Die Geburtsstunde der sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelnden Landesvermessung in Nordrhein-Westfalen. Mit der Festveranstaltung vom 29. Juni 2001 wurde dieser seltene Geburtstag am Ort des ersten topographischen Büros (ehemaliges Cöletininnenklosters, Aachen) in Nordrhein-Westfalen gewürdigt . An der RWTH Aachen gibt es zwar ein Geodätisches Institut und ein Historisches Institut, die scheinen aber an der Veranstaltung nicht beteiligt gewesen zu sein, zumindest bei letzterem wundert mich das nicht. |
http://www.lverma.nrw.de/aktuell/200_Jahre/Fotos/titel.jpg |
Eng verknüpft ist die napoleonische Landvermessung mit JEAN JOSEPH TRANCHOT. Sein Werk wurde nach dem Wiener Kongreß von preußischen Generalmajor FRIEDRICH CARL FERDINAND Freiherr VON MÜFFLING fortgesetzt. Über TRANCHOT habe ich aber wenig herausgefunden.
VON MÜFFLINGs 225. Geburtstag und 150. Todestag haben wir zwar schon verpaßt, aber die Mitteilungen des Deutschen Vereins für Vermessungswesen e.V.berichten von einer Ehrung in Erfurt:
Am 26. Mai 2000 wurde in Erfurt der bekannte Geodät und Militär Freiherr VON MÜFFLING (1775- 1851) anlässlich seines 225. Geburtstages öffentlich geehrt.
An diesem Tage wurde das restaurierte klassizistische Grabdenkmal im Brühler Garten einschl. Büste unter Anteilnahme der Bevölkerung (darunter auch Mitglieder des DVW-Landesvereins Thüringen), der Deutschen Gesellschaft für Heereskunde, des Bundeswehrmusikcorps sowie Nachfahren des Geehrten eingeweiht.
In den Festworten kamen aus unserem Fachgebiet neben seinen bekannten Verdiensten bei Triangulation und Höhendarstellung auch weniger bisher bekannte Leistungen u.a. bei Vermessungen für den Straßenbau zum Ausdruck.
Der 150. Todestag im Januar 2001 gäbe die Möglichkeit, bei entsprechendem Interesse auf einem Kolloquium in Erfurt die historischen Verdienste der Gesamtpersönlichkeit VON MÜFFLINGs gemeinsam aufzuarbeiten.
Ob daraus was geworden ist, weiß ich nicht. Der Brühler Garten ist übrigens in Erfurt, nicht in Brühl bei Bonn (vgl. Surftipp 23/2000). Da vermute(te) ich zunächst alles, was mit Brühl zu tun hat, auch STEFFI GRAF, aber die gehört da auch nicht hin.
PETER HOFSCHROER schreibt über VON MÜFFLING:
MÜFFLING's memoirs provide an exceptional first-hand account of the Napoleonic Wars by one of Prussia's finest general staff officers. MÜFFLING is best known in the English-speaking world as General BLÜCHER's liaison officer in Wellington's headquarters during the Waterloo campaign, and as such he was one of the architects of the final victory over NAPOLEON. However, his military career involved much more than this, proving him a brilliant general staff officer, although not always popular with his contemporaries. He made a major contribution to the development of the Prussian General Staff - the first to exist in the modern sense - and was also fascinated by military topography and cartography.
MÜFFLING covers everything from his early posts in 1805 and his account of the battle of Jena in 1806 through to the Waterloo campaign in 1815 and his diplomatic role at the Congress of Aix-la-Chappelle at the end of the wars. His memoirs are a valuable primary source, as they are one of the few accounts written by a senior Prussian officer in the Napoleonic Wars to be translated into English.
DAGMAR GIRRA beschreibt für den Luisenstädtischen Bildungsverein VON MÜFFLING als Ehrenbürger Berlins (als ziemlich autoritären Reaktionär), geht aber kaum auf seine Landvermessungen ein:
»Übermüthig im Glück,verzagt im Unglück«
Ehrenbürger Ferdinand von Müffling (17751851)
MÜFFLING, der sich besonders für die Mathematik und das Landvermessungswesen interessierte und sich hierüber selbst eindrucksvolle Kenntnisse erarbeitete, führte seine ersten Vermessungsarbeiten in Westfalen durch. Dort war er nach dem Frieden von Basel (15. 4. 1795) an der Demarkationslinie stationiert.
Seine Arbeit wurde nicht nur mit der Ehrenbürgerwürde Berlins, sondern auch mit dem Gut Ringhofen im heutigen Thüringen belohnt:
1816 schenkte König FRIEDRICH WILHELM III. von Preußen dem Generalfeldmarschall VON MÜFFLING, der sich in den Freiheitskriegen gegen NAPOLEON große Verdienste erworben hatte, die Burg mit dem Gut Ringhofen. Für die Erhaltung der Burg hatte VON MÜFFLING kein Verständnis. Er ließ Sparren und Deckenbalken aus dem Palas entfernen, um damit das zerstörte Vorwerk Freudenthal wieder aufzubauen. Auch das Gut Ringhofen ließ er beträchtlich erweitern und baute es zu einem ansehnlichen Herrensitz mit englischen Park aus.
Das Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz hat eine Reihe historischer Karten faksimiliert und als Drucke herausgegeben, darunter eine von TRANCHOT: |
http://www.lverma.rlp.de/grafik/hktranch.gif |
In Trier wird offenbar die Tätigkeit TRANCHOTs und MÜFFLINGs erforscht.
Die Fachhochschule zeigt:
Beschreibung Aus: Die topographische Landesaufnahme der linksrheinischen Gebiete durch den französischen Oberst TRANCHOT |
und Prof. Dr. DIETRICH EBELING von der Universität: (Da ich in Stolberg bis zum Abitur zur Schule ging, ist mir diese Karte besonders wichtig.)
Ausschnitt aus der Kartenaufnahme der Rheinlande durch TRANCHOT und v. MÜFFLING (1803-1827), einer der Hauptquellen des Projekts, hier: Stolberg bei Aachen (Topographische Aufnahme rheinischer Gebiete durch franszösische Ingenieurgeographen unter Oberst TRANCHOT 1803 - 1813 und durch preußische Offiziere unter Generalmajor Frhr. VON MÜFFLING 1816 - 1820, mit Ergänzungsblättern 1826 - 1828, Nachdruck im Maßstab 1:25.000, hg. von Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen, Köln 1973.) |
Weitere Links:
Blicken wir nun noch über die Grenzen ins Ausland
Bereits im Mittelalter wurden in großen Besitztümern und verschiedenen Städten Bücher über Liegenschaften geführt. In München sind z.B. seit dem Jahr 1347 die Ewiggeldbücher bekannt. Die Herrschaftsbereiche wurden vielfach mit Grenzsteinen oder Friedenssäulen abgemarkt und in Karten dargestellt. Zum Schutz vor unberechtigtem Versetzen von Grenzsteinen hat sich insbesondere in fränkischen Teilen Bayerns im ausgehenden Mittelalter das Feldgeschworenenwesen entwickelt. Die Feldgeschworenen unterlegten daher die Grenzsteine mit geheimen Zeichen (Siebenerzeichen).
Nach den Napoleonischen Kriegen mußte Bayern politisch neu geordnet werden, weil eine Vielzahl kleiner Territorien mit eigenen Rechtssystemen im neuen Staatswesen aufgegangen waren. Eine gleichmäßige und gerechte Verteilung des Steueraufkommens, das seinerzeit überwiegend auf der Grundsteuer beruhte, war eine wichtige Voraussetzung für die innere Ordnung des neuen Staates.
Als Basis für ein Grundsteuerkataster ordnete Kurfürst MAXIMILIAN IV. JOSEPH, der spätere König MAX I. JOSEPH, eine landesweite Grundstücksvermessung an, die im Jahre 1801 mit der Grundlinienvermessung von München-Oberföhring nach Erding-Aufkirchen begann.
Bis zum Jahre 1863 wurden ca. 17,5 Mio. Flurstücke vermessen und in über 20.000 Flurkarten der Maßstäbe 1:5000 und 1:2500 dargestellt. Jedes Flurstück und jedes Gebäude wurde mit seinen steuerlichen Daten im Grundsteuerkataster beschrieben.
Parallel zur Aufstellung des Grundsteuerkatasters fertigte das Topographische Büro, das spätere Bayerische Landesvermessungsamt, den Topographischen Atlas von Bayern im Maßstab 1:50.000. Diese topographische Landesaufnahme hatte insbesondere das Militär gefordert.
Schön, daß ich Bayern mal als Ausland bezeichnen kann, aber das war es damals wirklich von Aachen (Preußen) aus.
Das Deutsche Museum Bonn zeigt einen bayerischen Theodoliten aus der Zeit TRANCHOTs:
1805 baut GEORG VON REICHENBACH (1771 - 1826) mit diesem Theodoliten das genaueste geodätische Instrument seiner Zeit. Das Winkelmeßgerät dient dazu, Landkarten herzustellen.
Neben hoher Meßgenauigkeit sind einfache Bedienbarkeit und Transportfähigkeit die widersprüchlichen Anforderungen, die ein geodätisches Instrument bis heute erfüllen muß. Die Konstruktion des Theodoliten von REICHENBACH ist so elegant, daß sie über 100 Jahre lang Vorbild für alle Instrumentenbauer bleibt.
Ob in Australien, Rußland, den USA oder im heimischen Bayern, wo immer die Welt im 19. Jahrhundert neu vermessen wird, sind geodätische Instrumente von REICHENBACH im Einsatz. Insbesondere das Militär ist an neuen Karten interessiert, nachdem sich in den Feldzügen zu Beginn des Jahrhunderts ihre Bedeutung für den Kriegsverlauf bestätigt hat.
Münchener Präzisionstechnik Theodoliten und andere Präzisions-Instrumente machen den Namen ihres Konstrukteurs GEORG VON REICHENBACH in aller Welt bekannt. Nach seinem Militärdienst gründet der Ingenieur 1802 in München gemeinsam mit dem Uhrmacher JOSEPH LIEBHERR seine erste Werkstatt, um genaue geodätische und astronomische Geräte zu bauen.
REICHENBACH entwickelt eine neue Kreisteilmaschine und konstruiert bessere Drehbänke für seine Werkstatt. Mit diesen Geräten kann er Theodoliten herstellen, bei denen die Feinheit und Genauigkeit der Kreisteilung, der Achsen und Lager alles bis dahin Bekannte übertrifft.
1803 baut REICHENBACH auch die erste bayerische Dampfmaschine; Wasserpumpen und Hochofengebläse folgen in den nächsten Jahren. Für seine vielfältigen in der Mechanik erworbenen Verdienste wird Reichenbach 1811 vom bayerischen König MAX I. JOSEPH geadelt.
Die Arbeitsgruppe für die Geschichte der Geodäsie in der Schweiz zeigt historische Vermessungsgeräte
Und aus den Niederlanden erfahre ich etwas über ein Naturreservat in Limburg, das auch schon von TRANCHOT kartografiert wurde:
Excerpts from the history of the Zeldersche Driesen
The "Zeldersche Driesen" is a small nature reserve, situated in the northern part of the province of Limburg, along the river Niers. It covers an area of about 60 hectares, mainly consisting of forest, with a small part covered species-rich dry grassland on sandy soil. This type of grassland (Sedo-Cerastion) is not very common in the Netherlands. The history of the Zeldersche Driesen has been traced back to 1660, when it was first mentioned as a manor. In 1731 a detailed cadastral survey was made and a land-ownership map was made by the authorities of the dukedom of Kleve. The government in Berlin were short of money, and a detailed land-ownership register was produced. As a result, every landowner was compelled to pay taxes, and though they were understandably reluctant to do so, they finally submitted in 1744. The Kleve cadastral map (figure 1) shows many details of the landscape. heathland, meadows, roads, arable fields, rivers, and woods can be discerned. Another important map of the region was made in 1804 by JEAN JOSEPH TRANCHOT, a French officer, commissioned by the Emperor Napoleon. This map (figure 2) was revised between 1816 and 1828 by major-general F.C. Freiherr VON MÜFFLING, serving in the Prussian Army...
Originell ist die 3D-Bearbeitung, die ED STAVENHAGEN zeigt: Kaart van TRANCHOT (1803) , 3D-bewerking St.Pietersberg. (im Rahmen von De Limburgse mergelgroeven).
Kartenaufnahme der Rheinlande 1:25 000 durch TRANCHOT und v. MÜFFLING / HK 25 TM
Vielleicht interessiert Euch in diesem Zusammenhang noch die Historische Geographie. Historische Geographie wird an der Uni Bonn gelehrt.
An der Uni Kiel könnt ihr einen Rundgang machen, in dem vermittelt wird, wie eine einfache Karte oder ein Profil erstellt werden. Dort erfahrt ihr z.B., daß ein Theodolit nichts mit Theologie zu tun hat, sondern etwas Vernünftiges ist.
Mit dem Theodoliten werden vor allem Winkelmessungen durchgeführt (Horizontalwinkel und Vertikalwinkel). In der modernen Vermessungstechnik enthalten die Theodoliten aber auch elektronische Tachymeter für eine sehr genaue Distanzmessung. (Vermessung / Theodolit von SIRI HÄUSSLER, 1997)
Der Theodolit ist das gebräuchlichste Instrument zum Messen von Horizontal- und Vertikalwinkeln. (mit GIF-Animationen) Leider nicht im Internet, aber immerhin im Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund gibt es im Dritten Stock eine Dauerausstellung zum Thema:
Ich habe einige Erläuterungen aus Meyers Konversationslexikon, 5. Auflage (bis 1900) eingescannt, dort findet ihr Die Abbildung rechts könnt ihr auch als elektronische Postkarte verschicken. |
Diese Literatur habe ich nur im Internet gefunden, aber nicht vorher gelesen.
The memoirs of Baron VON MÜFFLING A Prussian officer in the Napoleonic wars by Baron VON MÜFFLING NAPOLEONIC LIBRARY 31 |
http://www.greenhillbooks.com/booksheets/covers/the_memoirs_of_muffling.jpg |
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Kartenaufnahme der Rheinlande 1:25 000 durch TRANCHOT und V. MÜFFLING HK 25 TM
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Historische Karten 1801-28 (zum heutigen Kreis Viersen) |
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