WWW-Tipp der Woche 19/2001

Diese Woche habe ich im polnischen Kulturinstitut in Düsseldorf eine Ausstellung über das Ringelblum Archiv besichtigt.

Die ursprünglich für das Begleitprogramm der Frankfurter Buchmesse 2000 konzipierte und damals im Jüdischen Museum der Stadt Frankfurt am Main gezeigte Ausstellung ist inzwischen auch schon in der Bayerischen Staatskanzlei gezeigt worden und in Düsseldorf noch bis zum 19. Mai zu sehen. Sie kommt wahrscheinlich auch noch in andere Städte.

Der Text

Aktuelle Wechselausstellungen
EMANUEL RINGELBLUM (1900-1944) und das Untergrundarchiv des Warschauer Gettos
28.09.2000 - 21.01.2001 Museum Judengasse

zeigt 2 Abbildungen. Vgl auch die Vorschau auf die Ausstellung.

Besonders beeindruckt war ich von einer Prawda-Ausgabe, aber nicht weil es eine polnische und keine sowjetische Prawda war, sondern wegen des Inhalts der gezeigten Ausgabe.

Die Prophezeiungen haben sich erfüllt

Wir müssen untätig Zeugen einer erschreckenden Tragödie sein: des geplanten Massenmordes der Deutschen an den Juden auf dem Gebiet der Republik Polen. Tagtäglich erreichen uns Grauen erregende Nachrichten. Tagtäglich sterben Tausende von Menschen, Männer, Frauen, Mädchen, Kinder, Säuglinge und Alte, deren einzige Schuld es ist, als Juden geboren zu sein. Die einen werden bei lebendigem Leibe begraben, andere mit Kolben erschlagen, auf andere werden Maschinengewehre gerichtet und jüngst hat man Gase zum Vergiften verwandt. Kleinen Kindern zerschmettern Henkersknechte die Köpfe an Mauern oder Straßenbäumen. Auf ähnliche Weise wurden Juden in Lublin, Chelm, Mielec, Kock, Ryki, Baranöw und einer Reihe anderer Kleinstädte oder Städte beseitigt; letztens ist mit der Vernichtung des Warschauer Ghettos begonnen worden...

"Ihr Töchter von Jerusalem, weinet nicht über mich, sondern weinet über euch selbst, und über eure Kinder. Denn siehe, es wird die Zeit kommen, in welcher man sagen wird: Selig sind die Unfruchtbaren und die Leiber, die nicht geboren haben..."

Die Prophezeiungen haben sich erfüllt, der freiwillig auf sich genommene Fluch ist Fleisch geworden... "Sein Blut komme über uns und über unsre Kinder... " - Das Blut des Gerechten Ihr Töchter von Jerusalem, weinet nicht über mich..." - Mit furchtbarer Logik rächen sich an den Juden all ihre Taten. Keiner hat wie sie dem Christentum die Herrschaft über die Welt erschwert, und so sterben sie als Erste deswegen, weil Europa nicht christlich ist. Von talmudischem Hass geleitet haben sie niemand außerhalb ihrer Rasse als Nächsten anerkannt, und sie werden ausgerottet, weil sich ein Volk gefunden hat, dass ihre Ideen übernommen und sie selbst nicht als Nächste anerkannt hat...

1. Als Katholiken

Es genügt nicht, für die Mordopfer zu beten und sie zu bemitleiden, man muss zugleich Gewissenserforschung betreiben. Das Schicksal, das Israel getroffen hat, ist eine gerecht verdiente Strafe, da Gott keine Ungerechtigkeit zulässt; doch in welchem Maß sind wir Christen schuldig, dass die Juden die blieben sind, die sie sind und eine solch fürchterliche Strafe verdient haben? ... In welchem Maß tragen wir Verantwortung dafür, die M i s s i o n unter den Juden vernachlässigt zu haben, ein Apostelamt, zu dem jeder Katholik verpflichtet ist, ein Apostelanit, das sich von nichts als reiner christlicher Nächstenliebe leiten lässt? Wer von uns begegnet den Juden rnit einem Gefühl, das dem ähnelt, mit dem ein Missionar unter die Heiden tritt? Gäbe es auf einer Skala der Gefühle, die wir für die Juden liegen, Platz für den ehrlichen altruistischen Wunsch, sie sollten andere werden? ... Es scheint, dass die Antwort auf all diese Fragen negativ ausfällt, und daher erfüllt die Hekatombe der jüdischen Kinder, die mit Sicherheit nicht schuldig waren, die Herzen auch mit quälender Unruhe. Und fände sich angesichts dieses Unglücks, angesichts "von Rahels Weinen", das vor Jahrtausenden vorhergesagt wurde, ein Mensch, der fähig wäre zu sagen, dass den Juden Recht geschehe und die Deutschen mit ihrem Mord den Polen einen Dienst erwiesen - dieser Mensch wäre nicht würdig, ein Katholik genannt zu werden.

11. Als Polen.

Es lohnt sich nicht, in einem Augenblick über die Fehler unserer Judenpolitik zu reden, wo der Gegenstand aufhört zu existieren und das Problem ein anderes Aussehen gewinnt. Wir wissen alle, dass diese Fehler empörend waren, und unser Verhältnis zu den Juden planlos, chaotisch und inkonsequent zwischen zwei Extremen schwankte: zwischen sklavischer Unterwerfung und Prügelorgien. ... Brennend aktuell ist dagegen die Frage nach der Denioralisierung und Verwilderung, wozu die Judenmassaker unter uns führen. Denn für diese ungeheuerlichen Exekutionen werden nicht allein Schauliai [litauische Hlfsverbände], Volksdeutsche [im Original deutsch] oder Ukrainer verwandt.

In vielen Ortschaften (Kolno, Stawiski, Jogdne [Jedwabne], Szumów, Deblin) nahm die örtliche Bevölkerung freiwillig an einem Massaker teil. Einer derartigen Schande muss man mit allen verfügbaren Mitteln entgegenwirken: die Leute aufklären, dass sie sich zu Herodes Schergen machen, in der geheimen Presse brandmarken, zum Boykott der Henker aufrufen, drohen und den Mördern ein strenges Gericht der freien Republik ankündigen... Was Gott tut, ist gerecht getan, doch für die Menschen, die freiwillig zum Werkzeug seiner Strafe werden, wäre es besser, sie wären nicht geboren worden.

oben:
Prawda [Die Wahrheit],
Zeitung der [katholischen]
"Front für Polens Wiedergeburt"
[Front Odrodzenia Polskil],
Mai 1942

Katalog Position (47)
Papier, Druck; 17,5 x 22,5 cm; Sign. AZIH Ring 11/331

rechts: der Katalog zur Ausstellung
Zydowski Instytut Historyczny
Warszawa, Polen 2000
ISBN 83-85888-22-5

Das sind starke Worte (die Hervorhebungen stammen von mir) und ein schöner Beweis dafür, wie Religion den Verstand benebelt.:

Wie dazu

paßt, hat mir auch ein befragter religiöser Freund nicht erklären können.

Zeitungen sind aber nicht der Hauptgegenstand des Ringelblum-Archivs, sondern Notizen von Zeitzeugen, Juden und Jüdinnen aus dem Warschauer Getto.

Das Ringelblum-Archiv wird auch als ONEG SHABBAT-Archiv bezeichnet.

Siehe auch das Museum of Tolerance Multimedia Learning center. Yad Vashem zitiert EMMANUEL RINGELBLUM's Notes on the Refugees in Zbaszyn Srodborow, December 6, 1938 und RINGELBLUM On Cooperation Between Jewish Political Parties in the Underground.

Das Holocaust-Teacher-Ressource-Center, möglicherweise eine Einrichtung der von NORMAN FINKELSTEIN kritisierten Holocaust-Industrie, aber eine mit guten Ideen, zeigt ein Foto eines Bettlers vor einem Luxusgeschäft im Getto und zitiert dazu einen Ausschnitt aus RINGELBLUMs Aufzeichnungen:

Das Ringelblum-Archiv zählt zum Weltkulturerbe der UNESCO.

A Teacher's Guide to Holocaust scheint so etwas ähnliches zu sein. Dort fand ich EMANUEL RINGELBLUM's Description of Warsaw Ghetto.

Das Warschauer Getto war durch eine Straße (hier etwa zwischen oberen 60% und unteren 40% der Karte) in zwei Teile getrennt, die mit einer Brücke verbunden waren. An der Fundstelle dieser Karte gibt es weitere Informationen und Hyperlinks. Und außerdem eine Gedenktafel.

Weitere Links:

Musik

oben

Die Princeton-Universität hat eine große Sammlung jüdischer Folkmusik zusammengetragen. Dazu gehören Liebeslieder ebenso wie Arbeiterlieder und Lieder vom Holocaust. Dort habe ich auch zwei Musikstücke gefunden, die gut hierher passen. Leider ist keine MIDI-Datei online.

Zemerl. Here are the songs in Holocaust

Es brent

Composer: GEBIRTIG, MORDEKHAI (1877-1942)
Lyrics: GEBIRTIG, MORDEKHAI (1877-1942)
Language: Yiddish

Don't stand, brothers, while our town is burning! The Polish poet MORDEKHAI GEBIRTIG wrote "'S brent!" as a reaction to the bloody act against Polish Jews in the village of Przytik. It was and still remains a dramatic warning to the dangers of remaining passive in times of oppression. "Brothers, our village burns! You all just stand and watch. Do something! If necessary, extinguish the flames with your own blood!"

The clip featured here is by Aufwind, a German band. Click here to go to their website.
MP3-Datei

1.
Es brent! Briderlekh, sbrent!
Oy undzer orem shtetl, nebokh, brent
Beyze vintn mit irgozn
Raysn brekhn un tzeblozn
Shtarker nokh di vilde flamen
Altz arum shoyn brnet!

Refrain
Un ir shteyt un kukt azoy zikh
mit verlegter hent
un ir shteyt un kukt azoy zikh
Undzer shtetl brent

2.
Sbrent, briderlekh, sbrent!
Oy undzer orem shtetl nebekh brent
S'hobn shoyn di fartzungen
S'gantze shtetl aygengetzungen
Un di beyze vintn hudzhen
S'gantze shtetl brent!

Refrain

3.
S'brent, briderlekh, s'brent1
Oy skon kholile kumen der moment
Undzer shtot mit undz tzuzamen
Zol oyf ash avek in flamen
Blaybn zol, vi nokh a shlakht
Nor puste shvaze vent!

Refrain

4.
S'brent briderlekh s'brent!
Di hilf iz nor in aykh aleyn gevendt
Oyb dos shtetl iz aykh tayer
Lesht mit ayer eign blut
Bavayzt az ir dos kent
Shteyt nit brider ot azoy zikh
Mit farleygte hent
Shteyt nit brider lesht dos fayer
Undzer shtetl brent!

Zog nit keynmol, az du geyst dem letztn veg

Composer: POKRAS, DAN and DIMITRI
Lyrics: GLIK, HIRSH (1922-1944)
Language: Yiddish

"We are here" or "Never Say" became the anthem of the Vilna partisans during World War II. It is the first song I've ever heard in Yiddish, and it is a song that inspires me to this day.

The clip here is from Sidor Bilarsky's CD Songs of the Holocaust ([Real-Audio-Datei] from liner notes to "We Are Here: Songs of Remembrance, Hope, and Celebration in the Jewish tradition") HIRSCH GLIK wrote this poem in the Vilna ghetto after hearing about the Warsaw ghetto uprising and set it to the music of Russian composer DMITRI POKRASS. The song became the anthem of the underground resstance movement in Vilna and spread to other partisan groups and ghettos. Now it is sung at Holocaust commemorations worldwide.

1.
Zog nit keynmol, az du geyst dem letztn veg
Khotch himlen blayene farshteln bloye teg
Kumen vet nokh undzer oyzgebenkte sho
S'vet a poyk ton undzer trot:
Mir zaynen do!

2.
Fun grinem palmen land biz vaytn
Land fun shney
Mir kumen on mit undzer payn, mit undzer vey
Un vu gefaln iz a shpritz fun undzer blut
Shprotzn vet dort undzer g'vure undzer mut.

3.
S'vet di morgn zun bagildn undz dem haynt
Under nekhtn vet farshvindn mitn faynt
Nor oyb farzamen vet di zun un der kayor
Vi a parol zol geyn dos lid fun dor tzu dor!

4.
Dos lid geshribn nit mit blut un nit mit blay
S'iz nit keyn lidl fun a foygl oyf der fray
Dos hot a folk ts'vishn falndike vent
Dos lid gezungen mit na ganes in di hent!

Ärgernis Fazit Bericht
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