Dirk Fischer, der Fall Mehdorn und der Umgang mit Bürgerfragen

Exkurs
Vorgeschichte
Bürger fragen - Politiker geben Auskunft
Politiker fragen - Mehdorn antwortet
Bahn vs. Capital
Bahn verweigert Auschwitz-Erinnern
Schlußfolgerungen und Exkurse
Weitere Links

Exkurs

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... und den gleich zu Anfang

27.1.2006, gegen 10:30. In der Sendereihe "Klassik, Pop, et cetera" erzählt DIETER HILDEBRANDT von seinen Erlebnissen in einem Bahnhof.

Auch wenn ich HILDEBRANDTs Schilderung etwas wirr finde, gebe ich mir daraufhin einen Ruck, beschließe, ihm dabei zu helfen und verfasse dieses Ärgernis, das ich schon länger zu veröffentlichen beabsichtigte.

Vorgeschichte

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Es muß wohl nach einem unkritischen "Interview der Woche" mit HARMUT MEHDORN gewesen sein, als ich mich daran erinnerte, daß mal "Report" über einen Mitarbeiter des Eisenbahn-Bundesamtes berichtete, der nach einem kritischen Vortrag versetzt wurde, und daß ich danach nichts mehr davon erfahren habe. Mit einiger Mühe fand ich bei der Netzrecherche heraus, daß es ein Beitrag in der SWR-Ausgabe von "Report" war (es gibt ja auch das gleichnamige Magazin des BR), der aber nicht mehr online war. Wohl konnte man sich den Text schicken lassen, was ich auch gleich machte. Das scheint beim SWR-Report allgemein so praktiziert zu werden, da man die alten Beiträge nicht mehr für aktuell hält.

Ich fasse kurz zusammen, was

damals berichtete.

Nun kommt die entscheidende Passage, die mich hoffen ließ, noch zu erfahren, was danach passierte. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, DIRK FISCHER, wurde zum Fall interviewt und sagte:

Dies sei ein Thema für den Verkehrsausschuß des Bundestages, soll er noch angekündigt haben, aber das berichtete die Sendung nicht im O-Ton.

Bürger fragen - Politiker geben Auskunft

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Am 16.10.2002 schreibe ich dem Politiker, der sich damals so mutig geäußert hatte:

Als Antwort bekam ich von RITA WILLMS am 31.10.2002 mit angehängter Wordpad-Datei dieses Brief eines anderen Mitarbeiters, PETER JUNNE:

Das war zwar eine Antwort, aber eigentlich doch keine. Ich bin vielleicht selbst schuld, denn ich hatte ja gefragt, "was denn inzwischen in dieser Angelegenheit geschehen ist". Das ist, wie wenn ich frage "Kann mir jemand sagen, wie spät es ist?" und zur Antwort bekomme "Ja, ich!".

Insbesondere erfuhr ich nicht,

Die Antwort läßt ebenfalls offen,

Immerhin ist Herr KRIPGANS offenbar wieder in Hamburg, das Eisenbahn-Bundesamt führt ihn im Sachbereich 4, "Aufsicht über den Eisenbahnbetrieb, Überwachung von Gefahrguttransporten, Unfalluntersuchung" auf.

Mir scheint der Briefwechsel symptomatisch für den Umgang der Politik mit dem Volk, von dem angeblich alle Gewalt ausgeht. Diejenigen, die später WOLFGANG CLEMENTs Aufforderungen, ihn anzurufen, folgten, haben ähnliche Erfahrungen machen können.

Politiker fragen - Mehdorn antwortet

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Ende September 2004 kommt es zum Konflikt zwischen HARTMUT MEHDORN und dem Bundestag, nachdem der Bahnmanager pauschal Verkehrspolitiker angegriffen hatte.

Aber MEHDORN hat auch Freunde:

MEHDORN war lange Zeit in der Flugzeugindustrie (1965 Focke-Wulf, 1966 - 1978 Vereinigte Flugtechnische Werke-Fokker GmbH, zuletzt Nordwerke von MBB (Messerschmidt-Bölkow-Blohm), 1979 - 1984 Airbus Industrie S.A., 1984 - 1989 MBB-Unternehmensgruppe Transport- und Verkehrsflugzeuge, 1989 - 1992 Deutsche Airbus GmbH, 1992 - 1995 Deutsche Aerospace AG) tätig, da wundert das Argument, daß damals gegen Spekulationen über einen Nachfolger vorgebracht wurde:

Bräuche in der Luftfahrt hatte MEHDORN auch für die Bahn einführen wollen - ein teurer Versuch:

Der erwähnte verkehrspolitische Sprecher der Grünen enthüllte auch im DLF-Interview, daß die Bahn Fördermittel in Millionenhöhe nicht abgerufen hat.

Da die Bahn nicht nur bei Neu- und Ausbau sparte, sondern ihre Ausgaben auch bei der Erhaltung des Schienennetzes gekürzt hatte, was zu Schäden führte, über die WALTER KRIPGANS auch in seinem Vortrag berichtet hatte, schließt sich hier der Kreis. Obwohl nicht nur der Bahnchef vor den Verkehrsausschuß geladen war, sondern die Verkehrspolitiker im Ausschuß nach seinen Beleidigungen auch selbst "geladen" waren, ist HARTMUT MEHDORN nichts passiert.

Das sieht so aus, als ob sich Politiker von manchen Leuten einfach alles gefallen lassen. Ich will aber hier nicht auf DIRK FISCHER herumhacken, der seit 1980 im Bundestag ist und wenn ich ihn sehe, eigentlich recht vernünftige Ansichten zu seinem Fachgebiet äußert, auch den einen oder anderen Skandal (Maut!) bekämpfen will, aber eben nicht viel erreicht. Aber verglichen mit anderen, etwa seinem "Parteifreund" und bis 2005 Fraktionskollegen BIETMANN (siehe Links) ist er mir noch recht sympathisch. Daß seine Antwort von einem Mitarbeiter kam, halte ich für normal und hatte ich auch erwartet. Und für die Oberflächlichkeit der Antwort kann ich mir sogar auch noch nachvollziehbare Begründungen denken. Vielleicht wäre es besser geworden, wenn ich noch mal nachgefragt hätte.

Nachtrag 1: Bahn vs. Capital

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Das sich MEHDORNs aufbrausende und selbstherrliche Vorgehensweise nicht ändern würde, war eigentlich jedem Außenstehenden klar, bloß die Verkehrspolitiker, die ihm immer wieder eine neue Chance gaben, mögen überrascht gewesen sein, als der Bahnboss wieder mal einen Brief schrieb:

Die angeblich der Presse verratenen Geheimnisse waren die hohen Schulden der Deutschen Bahn AG (wohl 20 Mrd. Euro). In seiner fünfseitigen Analyse "MEHDORNs Malaise" hatte das Magazin "Capital" sich auf bahninterne Dokumente berufen. Der ehemalige Bahn-Kommunikationschefs DIETER HÜNERKOCH, der offiziell nur noch als Berater der Bahn fungiert und eine eigene Firma hat, faxte darauf mit Absenderangabe "DB AG" einen Leserbrief, in dem er einen FDP-Fraktionsmitarbeiter beschuldigte, er sei

Das finde ich noch im Rahmen, aber dazu kam eine Form der Bestrafung des kritischen Magazins, die wirtschaftliche Macht einsetzt und wie ich meine mißbraucht. Die Mediachefin der Bahn rief an und teilte mit, daß alle bereits geplanten Anzeigen in "Capital" storniert würden. Auf eine Gegendarstellung verzichtete das Unternehmen aber:

Nachtrag 2: Bahn verweigert Auschwitz-Erinnern

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Später erfuhr ich noch, daß die Deutsche Bahn AG eine Ausstellung zu Todestransporten jüdischer Kinder nicht auf ihren Bahnhöfen zeigen will. Die französische Organisation "Fils et Filles des Deportés Juifs de France"/FFDJF (Söhne und Töchter der jüdischen Deportierten Frankreichs) im Dezember aus Berlin zugestellt. Die Organisation hatte bereits in Frankreich eine solche Ausstellung auf Bahnhöfen gezeigt und wollte das auch in Deutschland, speziell um an das Schicksal von 11.000 bahndeportierten Kindern, die in Drancy bei Paris auf die Reise über Saarbrücken, Kaiserslautern, Mannheim, Frankfurt am Main, Fulda und Dresden nach Auschwitz geschickt wurden. In Frankreich unterstützte die Staatsbahn das Projekt:

Der Deutschen Bahn AG fehlen angeblich "sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen", denn "Das Unternehmen sponsert mit viel Geld die Fußballweltmeisterschaft 2006". Stattdessen mäkelt die Abteilung "Kommunikation" der Deutschen Bahn AG am 17. Dezember 2004, die französische Ausstellung müsse umgearbeitet werden.

Schlußfolgerungen und Exkurse

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Der Mehdorn des Arbeitsamtes, FLORIAN GERSTER, hat die Kritik an seiner Amtsführung nicht so lange überstanden. Was ist da anders gelaufen?

Vielleicht muß man sich rechtzeitig genügend Freunde schaffen, bzw. "stärker mit Politikern kooperiert". OTTO WIESHEU, der 2004 den Bahnchef gegen Kritik in Schutz nahm, hat sein Amt als bayerischer Wirtschaftsminister inzwischen aufgegeben und ist in den Bahnvorstand gewechselt, hat er doch Erfahrung mit Bussen und Bahnen, seit er mal betrunken einen Kleinwagenfahrer totgefahren hat. Vorher ist schon der brandenburgische Verkehrsminister HARTMUT MEYER Bahnberater geworden. Kontraste berichtete:

Auch der frühere Bundesverkehrsminister und saarländische Ministerpräsident REINHARD KLIMMT wurde nach seinem Rücktritt Beauftragter der DB AG (wofür verrät mir Wikipedia nicht).

Gute Freunde hätten auch die WarnerInnen verdient, die Mißstände aufdecken. Sie werden oft "whistleblower" genannt. Schlimmer als den erwähnten Mitarbeiter des Eisenbahnbundesamtes hat es z.B. ERWIN BIXLER (deckte BfA-Manipulationen auf), MARGRIT HERBST (BSE-Skandal) oder PAUL VAN BUITENEN (Misswirtschaft in der EU-Kommission) getroffen. Sie wurden von den betroffenen Behoerden-Vertretern massiv verfolgt und verloren schliesslich ihre Arbeitsstelle. Frau HERBST war in Schleswig-Holstein Amtstierärztin und entdeckte früh Hinweise auf die Rinderseuche BSE, nämlich Kühe mit seltsamem Verhalten. Mit Beweisen dafür trat HERBST an die Öffentlichkeit, nachdem sie jahrelang versucht hatte, ihre Behörde davon zu überzeugen, daß damit nicht nur die Gesundheit der Kunden, sondern auch die Existenz des Unternehmens auf dem Spiel stehen würde. Statt nun endlich auf sie zu hören, wurde sie entlassen und verklagt und sollte schließlich, als sich der Fall nicht mehr vertuschen ließ, mit dem Bundesverdienstkreuz abgespeist werden, wenn sie auf alle arbeitsrechtliche Ansprüche gegen ihre früheren Arbeitsgeber verzichtete. Sie verzichtete auf das Bundesverdienstkreuz.

Meine Ausführungen hatten mehrere Themen, was vielleicht verwirrend wirkte. Ich will es deshalb noch kurz zusammenfassen.

  1. Zuerst haben mich die Zustände bei der Deutschen Bahn, insbesondere Sicherheitsmängel beschäftigt. Davon habe ich 2000 durch einen Report-Bericht über einen Vortrag und seine Folgen erfahren.
  2. Da zu den Folgen auch eine Versetzung des vor Sicherheitsmängeln warnenden Mitarbeiter des Eisenbahnbundesamtes gehörte, und ein CDU-Verkehrsexperte sich darum kümmern wollte, beschäftigte mich dann das Problem, was Politiker versprechen und was sie erreichen.
  3. Vom erwähnten Politiker habe ich selbst 2002 Auskunft erbeten und nur eine unbefriedigende Antwort erhalten. So war ein weiteres Thema dieses Ärgernisses und zugleich das einzige mit persönlicher Betroffenheit die Hilfs- und Auskunftsbereitschaft der Politik gegenüber dem Volk. Das ist vielleicht etwas zu kurz gekommen, aber was soll ich da über die zitierte Antwort hinaus noch schreiben? Es gibt ähnliche Fälle unbefriedigender Äußerungen, vielleicht stelle ich später mal eine weitere PolitikerInnen-Antwort hier vor.
  4. Schließlich habe ich noch zwei Gruppen beleuchtet, einerseits die "Whistleblower", die vor Mißständen warnen, andererseits diejenigen, die im Dunstkreis von Unternehmen begünstigt werden.

Weitere Links:

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Dieter Hildebrandt

Whistleblower

Die Deutsche Bahn AG und ihr Personal

Auschwitz-Erinnern

Dirk Fischer

Rolf Bietmann

Hintergrundmusik: Take_The_A_Train.mid (wurde berühmt durch OSCAR PETERSON)

 

Mit der Bahn unterwegs
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