Zur 750-Jahr-Feier 1987 zeigte das Berlin-Museum (damals im ehemaligen Kammergericht in der Lindenstraße) die Ausstellung Stadtbilder Das Berlin-Museum scheint momentan nicht für Ausstellungen genutzt zu werden. Nebenan entstand in den letzten Jahren das Jüdische Museum nach einem Entwurf von DANIEL LIBESKIND. Frühere Pläne, über die das Jahrbuch des Stadtmuseums 1995 berichtete, haben sich anscheinend geändert und verzögert: Unter einem Dach zusammengeschlossen sind seit 1995 nun: Märkisches Museum, Berlin Museum, Nikolaikirche, Ephraim-Palais, Knoblauchhaus, Galgenhaus, Museumsdorf Düppel, Domäne Dahlem, die Naturwissenschaftlichen Sammlungen, die Sammlung industrielle Gestaltung, Schloß Friedrichsfelde, Schulmuseum, Sportmuseum, Wassersportmuseum, Dorfmuseum Marzahn und das Jüdische Museum, das zur Zeit im Gropius-Bau ausstellt. Ein Neubau an der Lindenstraße in Kreuzberg geht momentan seiner Fertigstellung entgegen und wird vermutlich im Jahre 1999 zusammen mit dem alten Bau des Berlin Museums wiedereröffnet werden können. Hier werden neben der allgemeinen Stadtgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts insbesondere das Jüdische Museum sowie die umfangreiche Theater- und Modeabteilung ausgestellt sein. |
Der Tagesspiegel schreibt, daß auch der Altbau dem jüdischen Museum zugeschlagen wurde (was ich übertrieben finde), obwohl man ihn schon für ein Theatermuseum vorgesehen hatte:
Geheimnistour in die Theatersammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin an der Schöneberger Straße 11-15 in Tempelhof: 60 Tagesspiegel-Leser besuchten im Rahmen unserer Serie "Berlins geheime Orte" diesen größten Fundus mit Erinnerungsstücken an die Bühnengeschichte der Stadt in den vergangenen 200 Jahren. Ursprünglich sollte die Sammlung im Jahr 2000 feste Ausstellungsräume im sanierten "Berlin-Museum" an der Lindenstraße 14 in Kreuzberg bekommen. Doch Ende 1999 wurde dieser Bau dem Jüdischen Museum nebenan zugesprochen.
Inzwischen ist auch für das Theatermuseum ein Standort gefunden, wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten am 24.1.2001 meldeten:
Am Abgrund tanzt es sich am besten: Offenbar nach diesem Motto lebt die Stiftung Stadtmuseum. Generaldirektor REINER GÜNTZER musste sein Haus bei der Jahrespressekonferenz als "eigentlich konkursreif" bezeichnen, konnte aber zugleich ein beeindruckendes Ausstellungsprogramm vorstellen. Die Gelder der Lotto-Stiftung ermöglichen eine Retrospektive des Berliner Vedutenmalers des 19. Jahrhunderts, EDUARD GAERTNER, vom 23. März an im Ephraimpalais. Im Mai wird das Nicolaihaus als neuer Standort der vor drei Jahren im Stammhaus Märkisches Museum abgebauten Theatersammlung wiedereröffnet, und zwar mit der Ausstellung "Theater nach 1945". Ursprünglich sollte damit das Domizil des in der Stiftung Stadtmuseum aufgegangenen Berlin-Museums in der Kreuzberger Lindenstraße, bespielt werden, doch ging ehemalige Kolegienhaus bekanntlich aufs Jüdische Museum über. Allerdings muss die Übersicht über das Nachkriegstheater jetzt auf vier Folgen aufgeteilt werden. Ende August folgt als Beitrag zum Preußenjahr die Ausstellung "Berlin - ein riesiger Bauch. Hungerkrisen und Versorgung einer Metropole" - passenderweise in der Domäne Dahlem. Paralell dazu wird in der Nikolaikirche der 80. Geburtstags KURT MÜHLENHAUPTs mit einer (verspäteten) Retrospektive des einstigen Kreuzberger Malerpoeten begangen.
Ich kann mich nicht erinnern, die "Stadtbilder"-Ausstellung besucht zu haben, jedenfalls habe ich den Katalog später verbilligt im Ephraim-Palais erworben. Allerdings wird er jetzt wieder aktuell durch eine Ausstellung über EDUARD GAERTNER im erwähnten Ephraim-Palais.
EDUARD GAERTNER 1801-1877
22.März-3.Juni 2001
Ephraim-Palais
Poststraße 16
10178 Berlin
Tel. 030/24002-121
Di-So 10-18 Uhr
Die Ausstellung hat eine eigene Homepage, auf der es heißt:
Anlaß der Ausstellung ist der 200. Geburtstag EDUARD GAERTNERs am 2. Juni 2001. Innerhalb der deutschen Vedutenmalerei des 19. Jahrhunderts ist Gaertner einer der wenigen Künstler von internationalem Rang. Die überragende Qualität seiner Malerei, insbesondere sein Vermögen, architektonische Besonderheiten in lichterfüllter Atmosphäre zur Darstellung zu bringen, zeichnet ihn aus.
Die Ausstellung berücksichtigt sein gesamtes uvre, das ihn als europäisch orientierten Berliner erweist. Es handelt sich um die erste umfassende Retrospektive GAERTNERs. Als Leihgaben können nicht nur sämtliche Hauptwerke aus dem gesamten Bundesgebiet, sondern auch aus Großbritannien, den USA, Spanien und Rußland gezeigt werden. Von dort kommen zudem bislang völlig unbekannte Arbeiten.
Neue Forschungsergebnisse beleuchten GAERTNERs Ausbildungszeit an der Königlichen Porzellanmanufaktur 1814-1821, seine Studienreise nach Paris 1825-1827/28, seine Arbeit an dem berühmten Panorama vom Dach der Friedrichwerderschen Kirche in Berlin 1832-1836, seine Rußlandaufenthalte 1837/38 sowie seine Reisen in die Provinz Preußen nach 1840. Erstmals werden seine Sammlung früher Berlin-Photographien sowie seine Tagebücher der dreißiger Jahre, eine unverzichtbare Quelle für die Kulturgeschichte Berlins, zugänglich gemacht
Das auch für interne Links neue Fenster geöffnet werden, finde ich nicht gut für die Ressourcen und für die Benutzerführung.
Die Epoche SCHINKELs (über den ich im vorigen Surftipp schrieb) und GAERTNERs behandelt im erwähnten Katalog der Aufsatz
Königliches Spree-Athen
Berlin im Biedermeier
von SYBILLE GRAMLICH
S. 95-172
Ich habe die Autorin Ende der 80er Jahre als mollige langhaarige Führerin in der ständigen Ausstellung des Berlin-Museums kennengelernt. Der Kontakt hielt auch noch an, als sie nach ihrer Promotion (Achitekturmalerei im 19. Jhd. in Deutschland (Diss.)) zum Denkmalplegeamt des Landes Brandenburg wechselte und endete abrupt, als sie in scharfem Ton meine Einstellung zum Erhalt des Palastes der Republik ablehnte. Nicht daß ich andere Meinungen nicht ertrage, aber so möchte ich mich doch nicht behandeln lassen. Frau GRAMLICH schreibt a.a.O. S. 95 f:
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten gerade in Berlin die politischen und wirtschaftlichen Veränderungen, die nach den Befreiungskriegen in Deutschland eintraten, deutliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Stadt. Preußen war bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert an den militärischen Operationen gegen das revolutionäre Frankreich beteiligt gewesen und hatte das linke Rheinufer gegen die Vorstöße der französischen Armee verteidigt. 1806, nach der verlorenen Doppelschlacht von Jena und Auerstedt, zogen napoleonische Truppen in Berlin ein und besetzten ein Jahr lang die Stadt. Nach den Befreiungskriegen 1813/1815 und den anschließenden Verhandlungen des Wiener Kongresses erhielt Preußen unter anderem die Rheinlande und Westfalen als territorialen Gewinn und erreichte damit seine bis dahin größte Ausdehnung. Preußen war zur einflußreichsten politischen Kraft in einem aus kleinen Fürstentümern gebildeten Deutschen Reich geworden. Dank dem im Wiener Kongreß erlangten Ruhrgebiet mit seinen großen Erz- und Kohlevorkommen stand Preußen bald an der Spitze der Industrialisierung in Deutschland. Sie wurde mit Nachdruck und staatlichen Subventionen vorangetrieben, um gegen die auf diesem Gebiet weit überlegenen Engländer konkurrenzfähig zu werden. Mit der nach 1830 einsetzenden politischen und wirtschaftlichen Konsolidierung begann auch der zügige Ausbau Berlins. Der Anspruch, führende Haupt- und Residenzstadt im deutschen Reichsverband zu sein, wurde durch die verschiedenen stadtplanerisehen Maßnahmen und die Neubauten von KARL FRIEDRICH SCHINKEL im Stadtbild deutlich ablesbar.
Das Interesse der Berliner Malerei an der Darstellung der preußischen Hauptstadt war in diesem Zeitraum nicht gleichmäßig stark ausgeprägt. Schon vor 1800 war die malerische Stadtaufnahme, die im 18. Jahrhundert in den Residenzen Deutschlands ihren Höhepunkt erreicht hatte, zurückgegangen. Bis 1825/30 hielten vorwiegend Zeichner und Stecher das Aussehen Berlins in zahlreichen Serien und Einzelblättern fest. Erst spät begannen sich auch einzelne Maler wieder für die Stadt zu interessieren. Bis 1825 hatten nur wenige Gemälde Architektur wiedergegeben. Nach 1825 nahm die Zahl der gemalten Berlin-Veduten rasch zu. Doch finden sich diese Ansichten nicht gleichmäßig über das Werk derjenigen Maler verteilt, die sich zu dieser Zeit in Berlin überwiegend mit Veduten auseinandersetzten. Die meisten Ansichten von Berlin stammen von nur vier Künstlern, die ihre Bilder auch in unterschiedlichen Formaten und über größere Zeiträume hinweg als Wiederholungen anboten. EDUARD GAERTNER war die herausragende Persönlichkeit dieses Kreises. Sein großes malerisches Können und die Wahl ungewöhnlicher Bildausschnitte haben dazu geführt, daß seine Ansichten in der neueren Kunstgeschichte zum Inbegriff biedermeierlicher Malerei in Berlin geworden sind. GAERTNER und der weniger bekannte WILHELM BRÜCKE wählten zwischen 1830 und 1850 das offizielle Berlin und die auf »allerhöchsten Befehl« errichteten Neubauten immer wieder als Motive für ihre Bilder. Nicht ganz so viele Ansichten schufen JOHANN HEINRICH HINTZE und FRIEDRICH WILHELM KLOSE. Auch ihre Bilder zeichnen sich durch eine, GAERTNERs Ansichten vergleichbare, nüchterne Auffassung in der Darstellung und Ähnlichkeit der Motive aus.
Auch wenn sich nicht in allen Fällen bestimmen läßt, welche Überlegungen die Maler bei der Auswahl der Motive ihrer Berliner Stadtansichten leiteten, so kann man doch feststellen, daß nur in den wenigsten Fällen das malerische Aussehen eines Baues oder einer Straße den Ausschlag für die Motivwahl gab. Den Schwerpunkt der Ansichten bilden die Hauptorte der Residenz, an denen durch Staatsbauten wie das Schloß, das königliche Palais, die Oper oder die Universität das Berlin der preußischen Könige gegenwärtig war. Aber auch Neubauten, die auf Veranlassung des Königs errichtet worden waren, fanden das Interesse der Maler. Die zahlreichen Reisebriefe und Berlin-Führer der Zeit zeigen eine den Gemälden und der Graphik vergleichbare Tendenz in der Wahrnehmung der Stadtgestalt Berlins.
Ich nehme die Ausstellung zum Anlaß, mich in dieser Folge mit EDUARD GAERTNER zu beschäftigen. (Welche Überraschung, wer hätte das gedacht.) Außerdem war ich über Karneval nicht in Berlin (weil ich arbeitslos geworden bin und noch kein Arbeitslosengeld bekommen hatte) und merke in den letzten Wochen, wie mir das fehlt (der Berlin-Besuch, nicht das Arbeitslosengeld, das fließt inzwischen). So sah GAERTNER aus (Postwertzeichen von 1977 nach einem Selbstporträt):
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GAERTNER, EDUARD, Maler, geb. 2. Juli 1801 in Berlin, gest. daselbst 22. Febr. 1877, kam im Alter von fünf Jahren nach Kassel und erhielt dort den ersten Unterricht von dem spätern Direktor der Zeichenakademie in Darmstadt, FRIEDRICH MÜLLER (genannt Maler MÜLLER). 1813 kehrte er nach Berlin zurück und arbeitete sechs Jahre als Malerlehrling in einer Porzellanfabrik. Nachdem er eine Studienreise an die Nordsee und nach Westpreußen gemacht hatte, trat er 1821 mit dem Dekorationsmaler GROPIUS in Verbindung und malte perspektivische Darstellungen in den Gemächern der Prinzessin LUISE von Preußen und 1824 in denen des Königs FRIEDRICH WILHELM III. Dadurch wurde er in den Stand gesetzt, nach Paris zu gehen und dort noch drei Jahre lang unter BERTIN weiterzustudieren. Nach seiner Rückkehr widmete er sich mit großem Erfolg der Architekturmalerei. Die meisten seiner Bilder sind in Wassergarben ausgeführt, nur wenige in Öl, z.B. der Marktplatz in Prag, die Probststraße in Berlin Nationalgalerie).
Meyers Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. |
Eine ausführliche(re) Biographie aus The Grove Dictionary of Art kann bei Artnet nachgelesen werden.
Die meisten Bilder (nämlich 11) nennt Saskia.com, und da die Firma Nachdrucke verkaufen will, sollte man Vorschaubilder erwarten, aber dazu heißt es immer: "Thumbnail currently unavailable". Ich hoffe, daß sich das bald ändert.
Die Berliner Alte Nationalgalerie zeigt fast ohne Angaben (z.B. Entstehungsjahr, Material, Größe)
http://www.smb.spk-berlin.de/ang/vg/img/angb4g.jpg
EDUARD GAERTNER: Ansicht der Rückfront der Häuser an der Schloßfreiheit, 1855
Und in der Galerie der Romatnik in Schloß Charlottenburg hängt ein anderes GAERTNER-Bild, über das wir aber auch nicht mehr erfahren, da beide auf der Homepage der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz abgebildet sind.
http://www.smb.spk-berlin.de/gdr/vg/img/gdrb3g.jpg
EDUARD GAERTNER: Neue Wache, 1833
Die National Gallery in London ist wesentlich informativer. Sie zeigt die Friedrichsgracht und schreibt dazu:
GAERTNER, EDUARD
1801 - 1877
NG6524. Bought with assistance from private bequests, 1990.
The Friedrichsgracht was a canal that ran though the centre of Berlin. While it still survives in present day Berlin, much of the area has been rebuilt since the Second World War.
The striking composition, dominated by the geometrical precision of the zinc roof in the foreground, is typical of GAERTNER's work.
Oil on paper laid down on millboard
25.5 x 44.6 cm.
Die kanadische Nationalbibliothek zeigte in einer Ausstellung "Baltic Light" zwei Bilder aus GAERTNERs berühmtem Panorama vom Dach der Friedrichswerderschen Kirche (vgl Surftipp 12/2001 zu Schinkel und Surftipp 27/2000 zu Panoramabildern)
Leider sind auch die größeren Versionen der Bilder noch recht klein, und es ist mühsam, Details des Alten Museums oder des Schlosses (damals noch ohne Kuppel) zu erkennen. Das gesamte Kunstwerk zeigt die Ausstellung "ALEXANDER VON HUMBOLDT. Netzwerke des Wissens" aus dem Haus der Kulturen der Welt (vgl Surftipp 47/1999), allerdings in erschütternder Bildqualität (vermutlich 16 Farben).Das Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg zeigt diverse Minibilder, darunter auch von
behauptet aber, GAERTNER sei 1877 in Zechlin/Mark gestorben. Die Szegedi Tudományegyetem Egyetemi Könyvtár (Universitätsbibliothek der Universität von Szeged in Ungarn) zeigt ein Detail aus EDUARD GAERTNER: Unter den Linden
http://www.bibl.u-szeged.hu/cgfa/g/gaertner1.jpg
Da die Bibliothek behauptet, ihr Internet-Angebot nur durch Sponsoren aufrechterhalten zu können, habe ich mal was angeklickt, aber nichts gekauft. Ob das was nutzt? Bei der Edition Lidiarte kan man übrigens einen Nachdruck von EDUARD GAERTNER, Das Friedrichsforum unter den Linden im Format 100 x 68,7 cm für 45 DM / 23,01 Euro bestellen, artsunfraimed zeigt auch eine Version.
EDUARD GAERTNER traute sich auch an ein Thema, das man von einem höfischen Architekturmaler nicht erwartet: die Barrikade nach Kämpfen in der Breiten Straße 1848 (Stadtmuseum Berlin), wovon ich nur eine Schwarzweißaufnahme fand.
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