Erich von Falkenhayn
Der Grabenkrieg, Ypern und Verdun
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Fortsetzung aus Surftipp 20/2000
Er küßte sie und schob sie, nicht unfreundlich, fort. Sie stand auf. Er sah sie vom Bett aus hantieren und mit den Töpfen klappern, der Vater. Das Zimmer sah aus wie eine Tatbestandsaufnahme, wie die Fotografie einer Mordstube. Der Mann richtete sich hoch und langte sich das Wollunterzeug herüber. Dann schlurrte er in Pantoffeln auf den Gang, auf den Abtritt. Die künftige Mutter legte Brotkanten, ein Messer auf eine Tischecke, setzte zwei Kaffeetöpfe daneben. Er kehrte zurück, und sie aßen. Sie sprachen nicht. Es war nichts zu sagen. Er sah kauend aus dem Fenster. Da lag die Stadt. Er sah über die Dachschornsteine, ohne sie zu sehen. Weil der Mensch nur hinter sich sehen kann und nicht vor sich, sah er nichts. Zwei Höfe weiter stand ein Pferd, ein junges Tier, das würde ihm in zwei Jahren einen Tritt gegen den Unterleib versetzen, an dem er lange Monate krank liegen würde, arbeitslos und krank. Um die Ecke saß ein Schreiber in einem Büro, der spitzte seinen Bleistift - mit ihm würde die Frau weglaufen, einem jungen, käsig-bleichen Burschen, finnig. Hinten, weit am Horizont, wohnte der Arzt, der auch nichts für ihn tun konnte - und weiter, im Westen, sein Fabrikant, der ihn dann entließ. Vorläufig kaute er noch stumpf vor sich hin. Das, was in der Mutter war, wurde ein Sohn, die weiße Flocke. Er verreckte bei Verdun, an demselben Tage, an dem der General FALKRENHAYN den Orden Pour le mérite bekam. Die Herren Eltern erhoben sich.
Aus: KURT TUCHOLSKY. Gesammelte Werke in 10 Bänden. hrsg. von MARY GEROLD-TUCHOLSKY, FRITZ J. RADDATZ. Band 5 1927, S. 350f }}
Obwohl der Erste Weltkrieg Osteuropa mehr Veränderungen brachte als Westeuropa, ist in Deutschland auch die Erinnerung an die Westfront anscheinend tiefer verwurzelt. Ich vermute, daß das an dem jahrelang wenig Erfolge bringendem, aber viele Tote forderndem Stellungskrieg lag, in dem Menschen für fast nichts geopfert wurden. Mit "Verdun" und "FALKRENHAYN" nennt Tucholsky gleich zwei Stichworte dafür.
Beim Deutschen Historischen Museum findet ihr einen Lebenslauf Falkenhayns. Ich zitiere gekürzt: 1861 1913 1914 1915 1916 1922 |
http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/FWWfalken.jpg |
Etwas detaillierter ist das "Lexikon des Ersten Weltkriegs", das immerhin erwähnt:
Nach der Marneschlacht wurde von FALKRENHAYN anstelle des erkrankten und entnervten MOLTKE Chef des Generalstabs und damit Leiter der Operationen des dt. Feldheeres unter vorläufigem Verbleiben als Kriegsminister. Unter Verkennung des Überraschungseffektes des Schlieffen-Plans wiederholte er den Angriff auf dem rechten Flügel um eine Entscheidung zu erzwingen. Unter seiner Verantwortung wurde hierbei von deutscher Seite erstmals völkerrechtswidrig Chlorgas eingesetzt, um den Sturmtruppen eine Gasse zu bahnen. Unter blutigsten Verlusten (z.B. Langemark) blieb dieser Versuch vor Ypern liegen... 1916 suchte von FALKRENHAYN durch den Kampf um Verdun Frankreich zu zermürben.
Doch verbluteten sich auch die dt. Kräfte in der "Hölle von Verdun".
Ein Interview mit TREVOR WILSON, University of Adelaide über den britischen General DOUGLAS HAIG und den deutschen ERICH VON FALKRENHAYN findet ihr in der Serie des US-amerikanischen öffentlichen Fernsehens über den Ersten Weltkrieg.
Und da ich gerade schon beim Rundfunk bin: Bei der BBC gibt es auch eine Serie und der Deutschlandfunk brachte seine Reihe mit deutschen und französischen Feldpostbriefen nicht nur im Internet (mit Hintergrundinformationen), sondern auch als CD heraus. Bei den Hintergrundinformationen verwirrte mich nur, daß zwar links eine Navigationsleiste mit 7 Themen angeboten wurde, aber die vertiefenden Beiträge (etwa bei "Kriegsbeginn" zum "Schlieffenplan") zunächst nur durch Hyperlinks im Haupttext daneben aufgerufen werden konnten. Hat man einmal einen vertiefenden Text aufgerufen, erscheinen doch rechts die Themen der anderen zu diesem Hauptthema. Da habe ich schon dynamischeres gesehen. Das ist aber nur milde Kritik, denn was es hier zu lesen gibt, ist solide und ausführlich (wenn man es findet).
Das belgische Angebot "In Flanderns Feldern" erinnert mit allen Tricks, die das WWW ermöglicht, an den Stellungskrieg in dieser Gegend, überzeugt aber gerade damit eher nicht, denn was bringt es mit, in einem winzigen Fenster verschiedene Gegenstände einzeln zu sehen, die man auch auf einer Übersichtsseite hätte präsentieren können? Doch nur Mehrarbeit und eventuell, daß ich etwas übersehe. Denn das kann bei diesem inhaltlich guten und umfangreichen Site durchaus passieren.
http://www.worldwar1.com/foto/fww2352.jpg Britische Infanterie im Graben |
http://www.worldwar1.com/foto/gb113.jpg ein verlassener deutscher Graben |
Über die singenden deutschen Freiwilligen, die bei der ersten Schlacht um Ypern (am 9.11.1914 bei Bixschoote, die Oberste Heeresleitung berichtete bei Langemarck) in den Tod stürmten, berichtet ROBERT COWLEY in Massacre of the innocents.
Die Karte habe ich aus dem Forum 1914-18, wo auch etwas Hintergrundwissen über Ypern und diverse Anzeigen (auch die für das Schützengrabenspiel) zu finden sind.
Beim Kampf um die belgische Stadt Ypern ruinierte das deutsche Reich seinen Ruf (wofür es auch andere Gelegenheiten nutzte, etwa die Zerstörung der Bibliothek von Löwen) mit dem Einsatz von Giftgas. Über die Gasarten Chlor, Phosgen und Senfgas und ihre Eigenheiten berichtet "Trenches on the Web"
http://www.worldwar1.com/foto/fww2336.jpg Ypern 1917 |
http://www.worldwar1.com/misc/fww2288.jpg |
Übrigens findet man nur wenig über CLARA IMMERWAHR im Netz, die sich als Ehefrau des für die Giftgasentwicklung verantwortlichen Chemikers FRITZ HABER 1915 umbrachte:
Die Schlacht um Verdun dauerte vom 21.2. bis zum 18.12.1916. Zwar gelang es den deutschen Truppen, die Festungen Douaumont und Vaux zu erobern, aber gegen den hartnäckigen Widerstand kamen sie nicht wesentlich voran und mußten schließlich fast alle Eroberungen wieder aufgeben. Etwa eine halbe Million Tote waren der Preis. Auf französischer Seite war General HENRI PETAIN für die "Verteidigung" Verduns zuständig.
In den War-Times-Journals wurde der Krieg an der Westfront gut zusammengefaßt (aber der an der Ostfront nicht vernachlässigt).
Gut ausgewählt sind die Fotos bei La Grande Guerre aus Frankreich.
Wie es um Verdun heute aussieht, beschreibt ein schwedischer Besucher.
Der Versailler Vertrag ist komplett (in englisch) im WWW nachzulesen. Dazu gibt es auch Karten und Cartoons und die Top-10-Links, speziell zur USA im Ersten Weltkrieg.
Über den Ersten Weltkrieg kann man jeden Tag eine neue Top-Level-Domäne oder Member-Homepage besuchen und braucht wahrscheinlich so lange, wie der Krieg gedauert hat. Ich hatte nicht vor, hier den ganzen Krieg aufzurollen, sondern wollte nur zu den Stichworten im Tucholsky-Text, den ich vorige Woche den Surftipps über Geburtenkontrolle voranstellte, ein paar Hyperlinks sammeln. Viel mehr findet ihr hier (was aber nicht heißt, daß ich auf den I. Weltkrieg nicht mehr eingehen möchte).
Hintergrundmusik: OverT.mid ich weiß nicht mehr, woher ich diese Midi-Datei habe. Eine bessere Version (und viel größere Datei) findet ihr bei The Great War Society Trenches on the Web bietet im "Media Room" Links zu zahlreichen Musiktiteln zum downloaden oder anhören. Die Firma "Old Time Victrola Music" (Besmark.com) bietet |
http://www.worldwar1.com/posters/cvrover.jpg |