Die AEG |
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Daß das Deutsche Technikmuseum meine letzte Station in Berlin war, bedeutet nicht, daß Tipp 18/2000 mein letzter Tipp zu diesem Urlaub war, denn ich habe dort nicht nur die Ausstellungen besucht (wozu sich auch noch mehr sagen ließe, aber nächste Woche kommt ein anderes Thema), sondern auch das AEG-Archiv. Das ist nicht öffentlich zugänglich und es bedurfte einiger berzeugungskraft, um es als einzelner besichtigen zu dürfen. Ich danke hiermit dem Archivleiter JÖRG SCHMALFUSS für die interessante Führung. Im Archiv arbeiten ArchivarInnen und wollen nicht gestört werden, außerdem steht manches offen herum, was sonst eingeschlossen werden müßte (vor allem, damit sich niemand daran verletzt oder damit es niemand beschädigt). Als Diebesgut würde ein Kühlschrank wohl auffallen. Beschriftungen fehlen. Die Räume genügen wohl auch nicht den Vorschriften für Ausstellungsräume.
Ich durfte fotografieren und zeige meine Fotos in einem anderen Dokument.
Vom 20.12.2000 bis zum 31.7.2001 zeigt das Museum für Verkehr und Technik in Berlin Die AEG im Bild. Die Darstellung auf der Homepage ist aber sehr knapp:
Die Ausstellung präsentiert einen Schatz bisher nie gezeigter historischer Fotografien der AEG. Die Aufnahmen aus der Zeit von 1890 - 1930 beleuchten die von modernen Managementideen geprägte Unternehmenskultur des ehemaligen Weltkonzerns. Die Geheimnisse der Aufnahmetechnik mit der Plattenkamera werden entschlüsselt, und die neue digitale Bildbearbeitung im Archiv können die Besucherinnen und Besucher interaktiv ausprobieren.
Eine kleine Auswahl zeigt typische Stücke aus der reichhaltigen AEG-Produktpalette, die Teil des AEG-Archivs und Fundus im Deutschen Technikmuseum Berlin sind.
Hier möchte ich nur Hyperlinks zu zusätzlichen Informationen auflisten. Suchmaschinen liefern leider meist Artikel aus der Computerwoche zur AEG. Zur Geschichte der AEG von der Gründung bis nach dem Zweiten Weltkrieg findet man so wenig. Nur das "lebendige virtuelle Museum online" kann ich hier empfehlen
Die AEG wurde 1883 als "Deutschen Edison-Gesellschaft" für angewandte Elektrizität unter Leitung EMIL RATHENAU gegründet.
Nach Loslösung von der amerikanischen Edison-Gesellschaft wird die Deutsche Edison 1887 in "Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG)" umbenannt. Die Deutsche Bank und Siemens beteiligen sich am Unternehmen. In der Folgezeit wird die AEG unter RATHENAU als Generaldirektor zu einem international operierenden Konzern ausgebaut. Die Produktpalette umfaßt Kraftwerke, Eisenbahnen sowie elektrische Maschinen und Geräte. Bereits Anfang der neunziger Jahre hat die AEG mehr Angestellte als Siemens & Halske.
http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/f67_2014/200.jpg
EMIL RATHENAU
1986 übernahm der Daimler-Konzern die AEG
Zusammen mit EMIL RATHENAU war OSCAR VON MILLER Direktor der Deutschen Edison-Gesellschaft. Er gründete später das Deutsche Museum in München, das sicher auch gerne das AEG-Archiv bekommen hätte.
Dokumente aus dem AEG-Archiv benutzt das Museum Mitte von Berlin (vgl Surftipp 13/2000) für die Ausstellung "Vom Passage-Kaufhaus zum Kunsthaus TACHELES" Zur AEG kamen verschiedene aufgekaufte Firmen (z.B. Olympia, von der eine Schreibmaschinensammlung übernommen wurde und im Archiv steht) und neu gegründete Firmen, z.B. Telefunken (gegründet am 27. Mai 1903 als "Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H. (System Telefunken)" als Tochtergesellschaft der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) und der Siemens & Halske AG.
http://www.jesterenterprises.net/sites/history/LIEBPAT.GIF
Patentschrift #249142 von 1910 für ROBERT VON LIEBEN die Rundfunkröhre. Mehr dazu
Mehr über die AEG und EMIL RATHENAU findet ihr
Noch ein paar Hinweise zu Produkten der AEG:
Peter Behrens |
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Unter den Designern der AEG ist PETER BEHRENS (ab 1907) wahrscheinlich der bekannteste. Einige von ihm entworfene Geräte waren auch im AEG-Archiv zu sehen, z.B. dieses Meßgerät:
Zudem wird der Raum durch Nachbauten von BEHRENS-Lampen erhellt
Ein auf der Spitze stehendes Quadrat in einem Kreis benutzte BEHRENS häufig zur Kennzeichnung seiner Werke. Mehr über PETER BEHRENS erfährt man online im Werkbundarchiv. Dort gibt es auch Biografien zu sechs weiteren Werkbundkünstlern.
Das ZDF würdigt ihn in seiner Reihe Jahrhundertbauten und zeigt auch diese von ihm entworfene AEG-Werbung:
http://www.zdf.de/imperia/md/images/animierteg/politikund/aspekte/service/bauplatz/jahrhunder/behrens/5.jpg
Aber BEHRENS war nicht nur Gerätedesigner sondern auch und vor allem Architekt. Er entwarf mehrere Gebäude für die AEG am Humboldthain.
Die AEG baute auch Automobile - in einer von BEHRENS entworfenen Fabrik in Köpenick:
PETER BEHRENS war Mitglied der "Darmstädter Sieben" und entwarf sich ein Wohnhaus auf der Mathildenhöhe (vgl. Surftipp 3/2000)
http://www.GreatBuildings.com/gbc/images/cid_3157564.150.jpg
Sein bekanntestes Werk ist die AEG-Turbinenhalle,die auch auf einer Briefmarke abgebildet wurde und als Gebäude für Simcity geladen werden kann.
Er hat aber auch 1925 für die Gutehoffnungshütte (die zum Haniel-Konzern gehörte, vgl Surftipp 50/1999) ein Lagerhaus in Oberhausen entworfen, die heute zum Rheinischen Industriemuseum gehört. (Ergänzung 31.1.2001: ...und daß aktuell in Vorträgen vorgestellt wird, aber leider nicht immer zu besichtigen ist.
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/denkmale_in_berlin/pix/industrie_und_technik/turbinenhalle.jpg |
http://www.oberhausen.de/Media/Behren1.gif |
Die Turbinenhalle ist vollständig aus Stahl, Glas und Beton, den modernen Materialien des Industriebaus hergestellt. Die Hülle sollte nicht mehr wie früher die fortschrittliche Technik und neuartigen Fertigungsmethoden im ihrem Inneren verstecken, sondern im Gegenteil aus ihnen erwachsen und sie zum Ausdruck bringen. Daher die straffen, klaren Linien und der Verzicht auf allen aufgesetzten Zierrat. BEHRENS gab ihr aber auch etwas monumental-tempelartiges um der Großartigkeit der Produktion Ausdruck zu geben.
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Denkmale in Berlin
NIKOLAUS BERNAU wendet allerdings ein, daß der Ingenieur ignoriert wird, der die Halle ermöglichte:
Bau-Museum Berlin
Kunst aus Eisen: Die frühe Moderne, ihre Architekten und ihre Ingenieure
Tagesspiegel 28.6.2000
von NIKOLAUS BERNAU
Er wurde ein architektonisches Markenzeichen, der mehrfach geknickte Giebel der AEG-Turbinenhalle an der Huttenstraße. PETER BEHRENS entwarf ihn 1909. In keinem Lexikon moderner Architektur fehlt das Foto "der Turbinenhalle" - schon begrifflich ist sie eine Ikone. Vor Ort verstellen inzwischen Bäume den Blick auf die gewaltigen Eckpylone und das große, leicht vorgerückte Mittelfenster. Auch erscheint der weit überragende Giebel demjenigen, der den Potsdamer Platz gewohnt ist, eher zierlich, keineswegs so gewaltig wie einst den Zeitgenossen. Gut zu sehen ist dafür die Seitenfassade mit den revolutionär-offen gezeigten Stahlträgern, die auf elegant zusammengezogenen Auflagerpunkten ruhen, und den zwischen die Pfeiler gespannten, leicht nach innen gekippten Fensterwänden.
Der AEG-Giebel war ein Signal: Industrie und Kunst sollten sich vermählen, und die Stahlkonstruktion der Halle sollte zum Tempel werden, ohne antike oder gotische Formen zu kopieren, wie es üblich war. Der Bau war Teil des unerhört avancierten Marketing-Programms von EMIL RATHENAU und seinem Kollegen PAUL JORDAN. Die Mitgründer der AEG setzten als erste nicht nur auf die technische Perfektion der Produkte, sondern auch auf eine aus dieser Perfektion entwickelten Gestaltung. "Design" und "Corporate Identity", diese Begriffe haben erst eine Berechtigung seit der Berufung von PETER BEHRENS zum "künstlerischen Beirat" der AEG. Vom Briefpapier über den Wasserkessel bis hin zur Großarchitektur prägte er das Erscheinungsbild des Elektrokonzerns. Der gebrochene Giebel als Ausdruck dieser neuen Strategie wurde das Markenzeichen der AEG-Bauten in Moabit, Oberschöneweide und Wedding. Dort entstand 1912 die Großmaschinenhalle an der Hussitenstraße. Sie ist in der Reduzierung der künstlerischen Mittel noch radikaler als die Turbinenhalle, die ja noch versucht, der Industrie mit Pylonen und Proportionen den Ruhm der Antike zu verleihen. Die Großmaschinenhalle hingegen ist ganz aus der Industrie selbst entwickelte, neue Form.
Ihr Ingenieur ist unbekannt. Bekannt ist hingegen der Ingenieur der Turbinenhalle: KARL BERNHARD, einer der bedeutendsten seiner Zunft. Bis heute streiten die Konstruktionshistoriker mit den Kunsthistorikern, ob er oder BEHRENS nun der eigentliche Architekt des Gebäudes gewesen sei. In der Ausstellung "Architektur der Stadt" im Neuen Museum etwa wird sogar die von BERNHARD unterschriebene Bauantragszeichung auf dem Etikett BEHRENS zugeschrieben. Ingenieure haben es schwer, in die Kunstgeschichtsschreibung einzugehen; obgleich ohne sie die Entwicklung des modernen Stahlbaus und der Betonbaukunst nicht möglich gewesen wäre.
Am Berliner Alexanderplatz stehen noch zwei BEHRENS-Bauten von 1932. Alexander- und Berolinahaus gehören jetzt der skandalösen Berliner Bankgesellschaft.
Die beiden Bauten - vom Altmeister der Berliner Moderne, PETER BEHRENS, entworfen und 1930/32 errichtet - folgten nicht dem Ergebnis des auf die hochfliegende Magistratspolitik abgestimmten Wettbewerbs von 1929, sondern wurden von einem amerikanischen Konsortium, direkt bei BEHRENS bestellt. Zur Eröffnung lag die Weimarer Republik bereits in Agonie, doch der gemäßigte Neuklassizismus von BEHRENS erregte im Dutzendjährigen Reich keinen Anstoß. Im Krieg schwerbeschädigt, war der Wiederaufbau keinesfalls beschlossene Sache. Neuerlich bot der Alexanderplatz Anlaß zu städtebaulicher Neuordnung; und was schließlich Ende der sechziger Jahre realisiert wurde, bestimmt das Bild bis heute und ohne Zweifel noch weit in das nächste Jahrhundert hinein.
Eleganz am Weltstadtplatz
Ein beispielhaftes Buch dokumentiert Geschichte und Wiederherstellung des Alexanderhauses
von BERNHARD SCHULZ
Tagesspiegel 22.4.1988
Weitere Links:
Für eine Ausstellung im Warenhaus A. Wertheim entwarf er 1902 ein Speisezimmer, das heute im Bröhan-Museum gezeigt wird.
http://www.broehan-museum.de/behrensimg.jpg
Daß PETER BEHRENS nicht nur Erfolge erzielte , zeigt sein Krematorium auf dem Friedhof Hagen - Delstern im Jugendstil.
Ursprünglich war hier ein pompöser Bau wilhelminischer Prägung nach Entwürfen des Hagener Architekten SANDER projektiert. 1892 war in Hagen ein Verein für Feuerbestattung gegründet worden, der das Krematorium in den Jahren 1905 bis 1907 erbauen ließ. Die Marmorverkleidung des Gebäudes wurde allerdings bereits im ersten Winter durch Witterungseinflüsse abgesprengt. Fünf Jahre blieb das Krematorium nach seiner Vollendung unbenutzt stehen, da die Leichenverbrennung noch kein rechtes Verständnis gefunden hatte. Tausende pilgerten jedoch nach dem Delstern, diese Anlage zu besichtigen.
Hagen in alten Ansichten. Aus der Bildersammlung des Stadtarchivs Hagen bearbeitet von WILLY TIMM
Europäische Bibliothek Zaltbommel / Niederlande 2. Aufl. 1984
Weitere Texte über BEHRENS:
Literatur: