Liebe Netzgemeinde,
Weihnachtslied, chemisch gereinigt
Erich Kästner 1928
(Nach der Melodie: "Morgen, Kinder, wird's was geben!")
Morgen, Kinder, wird's nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte euch das Leben.
Das genügt, wenn man's bedenkt.
Einmal kommt auch eure Zeit.
Morgen ist's noch nicht soweit
Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.
Lauft ein bißchen durch die Straßen!
Dort gibt's Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.
Tannengrün mit Osrambirnen -
lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt's an Holz!
Stille Nacht und heil'ge Nacht -
weint, wenn's geht, nicht! Sondern lacht!
Morgen, Kinder, wird's nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit...
Ach, du liebe Weihnachtszeit!
Erich Kästner
Gesammelte Schriften für Erwachsene
Band 1 Gedichte
Droemer Knaur München Zürich o.J.
S. 94f
Beim Deutschen Historischen Museum kann man mit dem entsprechenden Plugin Teile des Magazins vom Winter 1995 (Schwerpunkt Weihnachten) sehen. Dort gibt es auch eine Ausstellung über Erich Kästner:
Da ich zu Weihnachten nicht mehr auf Wittenberg, Luther und Melanchton hinweisen kann (das ist schon zum Reformationstag geschehen), dachte ich mir, ich bringe etwas, das Kindern gefällt:
The Carousel Classifieds ist zwar kommerziell, hat aber hübsche Fotos alter Karussels
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und Orgeln (schließlich gab es auch Musik dazu). Die Firma gibt eine elektronische Zeitschrift "Round 'n' round" heraus, auch ältere Ausgaben können abgerufen werden.
Die Firma Dentzel produziert seit über 100 Jahren Karussels. Gustav Dentzel ist 1864 aus Süddeutschland in die USA ausgewandert. Das ist aber noch nicht lange, verglichen mit der Geschichte dieses Vergnügungsmittels:
Obwohl ich mich für Jahrmärkte kaum interessiere, fand ich die Carousel History, Library and Links informativ.
http://www.dentzel.com/freecoloringbook/story/graphics/pavilion.gif
Karoussel-Musik als MIDI-Dateien gibt es bei Carousel of Sounds Band Organ MIDI Files! Featuring Eugene Hayek. Dort findet Ihr weitere Links und daraus ist auch die Hintergrundmusik.
Hätte Maria abgetrieben, wäre uns manches erspart geblieben, leider auch die Untersuchung des Berliner Historikers A.E.Imhof. http://userpage.fu-berlin.de/~ethnohis/vt/aufvt.htm oder http://userpage.fu-berlin.de/~ethnohis/hd2bkl.htm#online Er hat Votivtafeln untersucht, in denen Maria um Hilfe angerufen oder für Hilfe gedankt wird.
Als Startseite empfehle ich die "kleine Tour durch Sammarei" (St. Maria)
Als Themen nennt Imhof a.a.O.:
Die Nummern beziehen sich auf eine Photo-CD mit 100 Abbildungen.
In diesem Zusammenhang fällt mir eine Bemerkung aus dem Kabarettprogramm "Der Tod im Rheinland" ein: "Ob es Heilige gibt, weiß man nicht, aber sie haben geholfen. Das es Versicherungen gibt, weiß man, aber..."
Katholische Heilige und Engel sind inzwischen auch online. Als Patron der Internet-BenutzerInnen wird Saint Isidore of Seville (c.560 - 636) bezeichnet.
http://www.catholic.org/isidore/images/stisidore.jpg
Im Amsterdamer Museum Amstelkring soll eine Ausstellung über Maria ("Gottesmutter") sein, und zwar von Mariä Empfängnis bis Mariä Verkündigung, so ähnlich hieß es in einer Amsterdamer Broschüre. Im Internet findet man dazu nichts, denn die genannte Seite ist schon zwei Jahre alt:
Das Menschenweibchen wirft bekanntlich nach neunmonatiger Tragzeit ein bis zwei Junge, also müßte Mariä Empfängnis am 25. März sein. Dann ist aber Verkündigung. Maria wurde angeblich vom Belabern schwanger. Empfängnis war, als sie es bemerkte. Ich hoffe, die katholische Theologie richtig verstanden zu haben.
Ach so, außerdem ist Weihnachten ja noch das Fest, an dem es am meisten Familienkrach gibt. Da lohnt sich vielleicht noch ein Blick auf die Geschichte
über zwei Familien in den Apalachen (besonders rückständige Gegend), die sich gegenseitig auszurotten versuchten. Schon im US-Bürgerkrieg kämpften sie auf verschiedenen Seiten. Erstaunlicherweise nahm die Blutrache ein Ende, als einer religiös wurde. Bei den Verbrechen des Christentums hätte ich eher erwartet, daß es damit erst richtig los gehe. Aber: es gibt solche und solche.
In Surftipp 45/1999 erwähnte ich, beim Orthopäden "immerhin über 60 Seiten eines kürzlich erworbenen Taschenbuchs" gelesen zu haben. Es war, verrate ich
jetzt,
Wilhelm J.C.E. Stieber:
Spion des Kanzlers
Die Enthüllungen von Bismarcks Geheimdienstchef
dtv München 1981 (Seewald Verlag Stuttgart 1978)
Stieber sollte Theologie studieren, fühlte sich aber zur Rechtswissenschaft hingezogen. Er schreibt darüber:
"Ohne Wissen meines Vaters ließ ich mich darauf heimlich bei der Juristischen Fakultät der berliner Universität immatrikulieren und studierte später bis zum Jahre 1841 Jura und Cameralia...
Aus dem Predigtbuch eines früheren Kommilitonen verfertigte ich lange Abschriften frommer Kanzelreden und legte sie in meinem Studierzimmer im Vaterhaus offensichtlich aus. Ja, ich hielt auf Bitten eines erkrankten, mit meinen Eltern befreundeten Geistlichen und im Beisein des Königs in der Hofkirche sogar eine gelungene dreiviertelstündige Predigt, welche die Zuhörer sichtlich bewegte und pikanterweise zum Motto hatte: 'Welche Strafen erwarten den Christen für die Sünde der Lüge?'...
Obgleich draußen ein Wolkenbruch fiel, war der König erschienen, hatte beim Verlassen seiner schlichten Kutsche einen unvermuteten Guß erhalten und lehnte nun in einem Fauteuil mit einem bestrickten Kissen unter den Füßen gegen die Költe des Kirchenbodens. Da hob ich todesmutig das Haupt und begann zu predigen.
Anfangs verlor sich meine Stimme noch in dem riesigen Kirchenrund, doch mit meinem wachsenden Zutrauen wuchs auch ihre Kraft, und endlich rollten meine Worte durch die Wölbungen der Kirche wie Donnerhall... Vom ersten Säuseln des ihm fremden jungen Predigers an reckte der König in die erwartende Stellung eines Kunstfreundes, der sich zum Genuß eines ihm vertrauten Liedes bereitet, welches diesmal von einem neuen Interpreten dargeboten wird. Und als meine Stimme ihren Höhepunkt erreichte, als sie verstärkt durch den Wiederhall die Weite des Kirchenschiffes triumphierend durchbrauste, da konnten mein Vater, meine Mutter ein hier gänzlich unpassendes 'Bravo' kaum zurückhalten, ja es hätte nicht viel gefehlt, wie bei einer gelungenen Aufführung im Hoftheater. Von dieser Minute an wurde mir zur verführerischen Lust, hier ein Schauspiel fortzuführen, welches mit so viel öffentlichen Gefallen belohnt wurde: Das Haupt schüttelnd, die Füuste ballend und die Arme nach rechts und links werfend, hob ich mich, sank wieder zusammen und nahm all die effektvollen Stellungen ein, die ich bei den geistlichen Predigern oft genug beobachtet hatte.
' Wenn ihr nicht auf die Mahnungen der Kirche höret', drohte ich, 'so werden euere Knochen brechen und euer Fleisch schmoren und ihr werdet vergeblich winseln: Gnade! Denn Gott wird kein Erbarmen walten lassen!' Während ich so geradezu tolldreist von der Kirchenkanzel herab mit gebrochenen Knochen und schmorendem Fleisch drohte, durchfuhr meine Gemeinde deutlich ein wohliger Schauer. Selbst der König wiegte sein Haupt auf und ab, als sei e ganz der Meinung seines zornsprühenden falschen Predigers. Er hatte sich zurückgelehnt, und plötzlich erkannte ich: Er schlief mit offenen Augen, meine Predigt hatte ihn eingelullt! Als ich darauf mit dem donnernden Satze endigte: '... und deshalb ist die Gnade das, was ich für euch erbitte!' wachte der König auf, mich ebenso erschrocken musternd wie ich ihn, als glaube er, ich erbäte etwas von ihm. Darauf erhob ersich, winkte mir huldvoll zu, welchem ein gedämpftes Rauschen der Damenroben und Stiefelscharren der uniformierten Herren nachfolgte, und langsam wallte der Monarch mit seinem Gefolge dem Ausgange zu.
Als ich, kaum von der Kanzel herabgeglitten, meinen Eltern entgegendrängte, war meines Vaters Freude unendlich, doch ebenso unendlich wuchsen auch meine Gewissensqualen, und noch am selben Abend gestand ich ihm meine Täuschung ein. Als mein Vater damit die Wahrheit erfuhr, brach er zusammen, verstieß mich aus seinem Hause und entzog mir jeden Zuschuß zu weiterem Studium."
(S. 14 ff)
Solltet ihr also zu Weihnachten an Kulthandlungen teilnehmen, haltet euch vor Augen, daß es dabei auch nur auf die "effektvollen Stellungen" ankommt.
Hintergrundmusik: http://www.mybonbon.com/crslpolk.mid
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Schnitzler