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Der Buback - Nachruf |
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Am 7.April 1977 erschossen Terroristen der RAF Generalbundesanwalt SIEGFRIED BUBACK. Sowohl der damalige Bundesjustizminister HANS JOCHEN VOGEL als auch der Rechtsanwalt HEINRICH HANNOVER erinnert sich daran, wo sie davon erfuhren: VOGEL im Griechenland-Urlaub in einem Café in der Nähe von Mistra, HANNOVER in einem Gerichtssaal in Köln. VOGEL schreibt darüber in
HANS JOCHEN VOGEL Nachsichten Meine Bonner und Berliner Jahre ISBN 3-492-03828-X R. Piper München 1996 |
Näheres erfuhr ich erst in Bonn, wohin ich mit Hilfe der Flugbereitschaft der Bundeswehr [hatte wohl auch die Unions nichts gegen, N.S.] sofort zurückkehrte. Danach war BUBACK zusammen mit seinem Fahrer WOLFGANG GÖBEL in Karlsruhe bei der morgendlichen Fahrt in sein Büro von Angehörigen eines Kommandos "ULRIKE MEINHOF" erschossen worden. Der Leiter der Fahrbereitschaft seiner Behörde, GEORG WURSTER, erlitt schwere Verletzungen, an denen er wenige Tage später starb.
(a.a.O. S. 64 f)
Es ist schwer oder unmöglich, im WWW herauszufinden, was für ein Mensch BUBACK war. Bei der Lektüre der Erinnerungen des damaligen Bundesjustizministers und eines Verteidiger von durch die Bundesanwaltschaft Angeklagten fallen mir jedoch ähnliche Beurteilungen auf:
Außerdem war en BUBACK, den ich wegen seiner Objektivität und seiner unermüdlichen Dienstbereitschaft schätzte, und ich uns nach anfänglicher beiderseitiger Reserve auch menschlich näher gekommen. Und auch sein Fahrer war mir bekannt. Es dauerte einige Zeit, bis ich den Tod dieser Männer verwunden hatte. Regelmäßige Besuche bei den Hinterbliebenen halfen mir dabei. VOGEL, a.a.O, S. 65 |
Im Februar 1973 hatte ich BUBACK ... bei einer ... Podiumsdiskussion zum Thema "Der politische Strafprozeß heute" kennengelernt... Schon daß BUBACK sich dieser Diskussion stellte, fand ich sympaathisch, und daß er meiner Kritik an der politischen Justiz vergangener Tage zustiimmte, nicht minder... Herr BUBACK hat sich einer aufmüpfig antiautoritär gestimmten Zuhörerschaft gegenüber und hat seine Rolle mit beachtlichem persönlichen Mut durchgestanden... Seit diesem gemeinsamen Erlebnis verband mich mit SIEGFRIED BUBACK die Erinnerung an eine Stunde, in der er auf meine (und der anderen Diskutanten) Fairneß angewiesen war, und daher rührte eine seinen persönlichen Mut respektierende Hochachtung, die wohl auch auf Gegenseitigkeit beruhte. |
Der Lebensweg HEINRICH HANNOVERs ist faszinierend, weil oft mit wichtigen Ereignissen der Rechtsgeschichte der Bundesrepublik verknüpft. So kommen seine Memoiren auf zwei Bände, wobei im hiesigen Zusammenhang der soeben zitierte zweite Band von Interesse ist:
HEINRICH HANNOVER Die Republik vor Gericht 1975-1995 Erinnerungen eines unabhängigen Rechtsanwalts ISBN 3-7632-4972-9 Aufbau-Verlag Berlin 1999 |
In der Juristenausbildung wird er wohl nicht erwähnt. Ich kenne selber einen Rechtsanwalt, wenn auch einen schlechten, den ich erst auf HANNOVER aufmerksam machen mußte. Immerhin kennt er UWE WESEL, erkennt den aber auch nicht an der Stimme, weil er nie Gedanken zur Zeit oder Kritisches Tagebuch hört.
HANS DANIEL schrieb über "Die Republik vor Gericht" in der Jungen Welt.
Alles rechtens?
Eine Kanzelverkündung des Kanzlers und die Justizopfer des Kalten Krieges
Der amtierende Kanzler der Bundesrepublik ist nicht nur ein herausragender Kenner exquisiter Weine und Zigarren, Trendsetter in Sachen Herrenmode und ausgewiesener Autofan, er ist auch Jurist. Als solcher hat er, als er in seinen Sturm- und Drangzeiten den ganzen Staat umstülpen wollte und also beschlossen hatte, Politiker zu werden, auch schon einmal in politischen Strafprozessen als Verteidiger mitgewirkt. Gemeinsam mit HEINRICH HANNOVER und anderen Verteidigern beispielsweise im Verfahren gegen den Göttinger Professor PETER BRÜCKNER. Anfang 1979 mußte sich der Wissenschaftler gemeinsam mit anderen Göttinger Professoren vor dem Oldenburger Landgericht wegen dieser geballten Ladung an Beschuldigungen verantworten: Volksverhetzung, Verunglimpfung des Staates, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener.
Anlaß war die Veröffentlichung einer Dokumentation durch die Beschuldigten, in der auch der Wortlaut eines Nachrufs enthalten war, der in den »Göttinger Nachrichten«, der Zeitschrift des ASTa der dortigen Universität, zum tödlichen Ausgang eines Attentats auf Generalbundesanwalt SIEGFRIED BUBACK erschienen war. Ohne daß der Wortlaut des Artikels irgendwo veröffentlicht worden war, wurde er fast in der gesamten Presse des Landes als Ausgeburt »kranker Gehirne«, als Musterbeispiel für »blanken Faschismus« der Rote Armee Fraktion dargestellt. Mit der Veröffentlichung der Dokumentation wollten die 48 Hochschullehrer, unter ihnen PETER BRÜCKNER, »eine öffentliche Diskussion des gesamten Artikels« erreichen.
Dieser Nachruf - wenn man es nicht weiß, ahnt man es schon - war der MESCALERO-Nachruf, der in der vergangenen Woche Bundesumweltminister JÜRGEN TRITTIN angehängt werden sollte, und dessen wirklicher Autor KLAUS HÜLBROCK sich erst jetzt bekannte (Bericht in der FR und Hintergrundbericht). Es begann damit, daß BUBACKs Sohn TRITTIN im Zug nach Berlin traf und zur Distanzierung vom Nachruf aufforderte, dieser dem Verlangen nicht nachkam, sondern zwei kluge Fragen stellte: "Warum sollte ich?" und "Haben Sie den Text zuende gelesen?" MICHAEL BUBACK berichtete darüber am gleichen Abend in der Sendung "SABINE CHRISTIANSEN", zu der er unterwegs war.
Mißverständlicher Aufsatz
Der "BUBACK-Nachruf" wurde meist unvollständig zitiert
Der Text erschien seinerzeit in der Zeitung des Göttinger Allgemeinen Studentenausschusses (AStA). Getragen wurde der AStA von einer "Bewegung undogmatischer Frühling" (BUF) und einer "Sozialistischen Bündnisliste" (SBL), bei der linke Basisgruppen, Trotzkisten und der maoistische "Kommunistische Bund" (KB) mitwirkten. TRITTIN, in Göttingen Student der Sozialwissenschaften, war nach Auskunft früherer Studienkollegen zwar KB-Anhänger und engagierte sich im SBL, hatte damals aber keine Funktion im AStA.
Der "Nachruf" war von der BUF-Liste eingereicht worden, "in deren Eigenverantwortung", wie die AStA-Zeitung hervorhob. TRITTIN habe den Text vor der Veröffentlichung auf keinen Fall gekannt, versicherten am Montag der damalige AStA-Finanzreferent, JÜRGEN AHRENS, und der damalige Redaktionschef der AStA-Zeitung, KLAUS LODEWICK, der FR. Erst später habe er mitdiskutiert, wie die Studentenvertreter auf die allgemeine Empörung reagieren sollten, erinnert sich LODEWICK.
Wenige Tage nach Abdruck des Textes betonte der AStA in einer Presseerklärung: "Die Ehre eines Toten zu verunglimpfen liegt uns fern." Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung habe der Artikel den BUBACK-Mord nicht gebilligt oder verherrlicht, sondern kritisiert, "allerdings von links". Dennoch wurden zwei AStA-Redakteure 1978 vom Landgericht Göttingen wegen Verunglimpfung des Staates und des Andenkens Verstorbener zu jeweils 1800 Mark Geldstrafe verurteilt. Ein Prozessbeobachter von Amnesty International bedauerte, dass überhaupt Anklage erhoben worden sei.
Der BUBACK-Nachruf und die Dokumentation der 48 Hochschullehrer sind im Internet mehrmals veröffentlicht. Ich stütze mich auf das Glasnost-Archiv, weil ich annehme, daß dieser Link länger erhalten bleibt als andere und weil ich dort auch den Scan herhabe.
http://www.glasnost.de/hist/apo/buback.gif
Was stand drin? Berühmt wurde der Satz von der "klammheimlichen Freude". Wenig später heißt es:
Wäre das alles, könnte ich die Verfolgung dieses Artikels verstehen. Aber gleich danach heißt es:
Aber das ist ja nun nicht alles gewesen, was in meinem und im Kopf vieler anderer nach diesem Ding herumspukte. So eine richtige Freude, wie etwa bei der Himmelfahrt von CARRERO BLANKO [richtig: BLANCO, N.S.] konnte einfach nicht aufkommen. [... Ich lasse lange Überlegungen weg, weil erst gegen Ende dieser Gedanke erneut aufgegriffen wird, N.S.]
Wenn in Argentinien oder gar in Spanien einer dieser staatlich legitimierten Killer umgelegt wird, habe ich diese Probleme nicht. Ich glaube zu spüren, daß der Haß des Volkes gegen diese Figuren wirklich ein Volkshaß ist. Aber wer und wieviele Leute haben BUBACK (tödlich) gehaßt. Woher könnte ich, gehörte ich den bewaffneten Kämpfern an, meine Kompetenz beziehen, über Leben und Tod zu entscheiden?
Ich sehe darin zwei Aspekte: der Verfasser zweifelt (zu Recht) 1. an der Massenbasis der RAF und 2. daran, ob BUBACK das verdient hatte, was ihm das "Kommando ULRIKE MEINHOF" antat. Zuvor hatte sich der Verfasser in die Rolle der Täter versetzt und (wohl anders als diese) auch an die Begleiter gedacht, von denen einer (GÖBEL) schon tot war, der andere (WURSTER) noch nicht.
Ich frage mich, wie ich ... mir sicher sein kann, daß dieser und kein anderer sterben muß, wie ich in Kauf nehme, daß auch ein anderer dabei draufgeht, ein dritter vielleicht querschnittsgelähmt sein wird etc.
Die daraus gezogenen Schlüsse sind eine der radikalsten Absagen aus der Sympathisantenszene an den RAF Terror, nur wurde das damals entweder nicht gesehen oder geleugnet:
Wir alle müssen davon runterkommen, die Unterdrücker des Volkes stellvertretend für das Volk zu hassen, so wie wir allmählich schon davon runter sind, stellvertretend für andere zu handeln oder eine Partei aufzubauen.... Was wir auch tun: es wirft immer ein Licht auf das, was wir anstreben. Wir werden unsere Feinde nicht liquidieren. Nicht in Gefängnisse und nicht in Arbeitslager sperren und deswegen gehen wir doch nicht sanft mit ihnen um.
Unser Zweck, eine Gesellschaft ohne Terror und Gewalt wenn auch nicht ohne Aggression und Militanz), eine Gesellschaft ohne Zwangsarbeit (wenn auch nicht ohne Plackerei), eine Gesellschaft ohne Justiz, Knast und Anstalten (wenn auch nicht ohne Regeln und Vorschriften oder besser: Empfehlungen) dieser Zweck heiligt eben nicht jedes Mittel, sondern nur manches. Unser weg zum Sozialismus (wegen mir: Anarchie) kann nicht mit Leichen gepflastert werden.
Warum liquidieren? Lächerlichkeit kann auch töten, zum Beispiel, auf lange Sicht und Dauer. Unsere Waffen sind nicht lediglich Nachahmungen der militärischen, sondern solche, die sie uns nicht aus der Hand schießen können... Um der Machtfrage willen (o Gott!), dürfen Linke keine Killer sein, keine Brutalos, keine Vergewaltiger, aber sicher auch keine Heiligen, keine Unschuldslämmer. [Das könnte JOSEPH MARTIN FISCHER damals auch gedacht haben, N.S.] ... Damit die Linken, die so handeln, nicht die gleichen Killervisagen wie die BUBACKs kriegen.
Damals wurde der Nachruf von keiner Tageszeitung veröffentlicht, jetzt (zusammen mit der Einleitung, die die damaligen Herausgeber hinzufügten) immerhin von der Frankfurter Rundschau, die auch die damaligen Einwände des Bremer Hochschulsenators bringt.
"Sprache des Hasses . . ."
August 1977: Ein offener Brief des Bremer Senators HORST WERNER FRANKE
Ich bin nicht der Meinung, dass der anonyme Göttinger Aufsatz, als dessen Verfasser ein sogenannter MESCALERO auftritt, nicht öffentlich diskutiert werden sollte. Ganz im Gegenteil vertrete ich die Ansicht, dass wir dringend eine Auseinandersetzung mit diesem anonymen Text brauchen, weil ich vermute, dass sich hier nicht ein für unsere Studenten gänzlich untypisches Ausnahmedenken manifestiert, sondern dieser Text eine bedenkliche, politische Verwilderung deutlich macht, von der mehr Studenten ergriffen sein könnten, als wir wahrhaben wollen. Das Verschweigen eines solchen Textes hilft uns aber nicht weiter, weil kein Übel kuriert werden kann, wenn seine Symptome ignoriert werden.
... Natürlich haben Sie Recht, wenn Sie in Ihrer Erklärung feststellen, jener Göttinger Anonymus spreche sich letztlich gegen Mord aus. "Unser Zweck ... heiligt eben nicht jedes Mittel." "Unser Weg zum Sozialismus kann nicht mit Leichen gepflastert werden." "Unsere Gewalt endlich kann nicht die AL CAPONEs sein, eine Kopie des offenen Straßenterrors und des täglichen Terrors." "Um der Machtfrage willen dürfen Linke keine Killer sein, keine Brutalos, keine Vergewaltiger, aber auch sicher keine Heiligen, keine Unschuldslämmer." Das sind neben anderen Sätzen aus dem Text, die Sie mit zu der Feststellung bewogen haben mögen, dass "die zentrale Intention des Artikels seine Absage an die Gewaltanwendung" sei.
... Sie haben den von Ihnen publizierten Text nicht begriffen, wenn er von Ihnen entweder als unterdrückte Unbotmäßigkeit eines Studenten verbreitet oder lediglich als für politische Diskussionen auf Ihrem Niveau nicht qualifiziert genug kritisiert wird. Dieser Text sagt doch immer noch Ja zu Gewalt und Militanz bei der politischen Auseinandersetzung zwischen den Bürgern unseres Staates. Auch Sie sind gefragt, was das denn für eine "Gewalt/Militanz" sein soll, die "fröhlich" ist und "den Segen der beteiligen Massen" hat. Ist das etwa der Ruf nach einem fröhlichen Volkszorn? Wir haben geschichtliche Beispiele, wo Terror und Volksfest identisch gewesen sind. Die Septembermorde der Französischen Revolution waren durch eine makabre Fröhlichkeit gekennzeichnet, und öffentliche Lynchjustiz im Amerika des vorigen Jahrhunderts pflegte durchaus von einem fröhlichen Mob genossen zu werden. Während der Nazizeit sangen Hitlerjungen auf deutschen Straßen laut: "Wenn der Sturmsoldat ins Feuer geht, dann hat er frohen Mut / und wenn das Judenblut vom Messer spritzt, dann geht's nochmal so gut." Der frohe Mut und das vom Messer spritzende Judenblut gehören in der Sprache des Unmenschen in einen Satz.
... Man könnte Ihnen nämlich unterstellen, und so weit ich sehe, geschieht es inzwischen auch, dass wir nach Ihrer Ansicht in der Bundesrepublik schon so weit sind, dass es für engagierte Hochschullehrer wichtiger ist, jene MESCALERO-Gesinnung vor dem Staat zu schützen, wo doch in Wahrheit es sehr viel wichtiger ist, die Brutalität und den menschenverachtenden Zynismus in der Sprache eines solchen Textes zu enthüllen und vor den Konsequenzen einer solchen Haltung überzeugend zu warnen...
War das wirklich wichtiger? Hatten das nicht schon andere getan?
Beim Oldenburger Prozeß gegen 13 der 48 Herausgeber der Dokumentation vertrat HEINRICH HANNOVER den Psychologieprofessor PETER BRÜCKNER, GERHARD SCHRÖDER einen anderen Angeklagten:
aus HANNOVER, a.a.O. S. 97
Andere Gerichte hatten schon die Eröffnung einer Hauptverhandlung abgelehnt, in Oldenburg mußten die Verteidiger sieben Verhandlungstage für ein unvoreingenommenes Urteil kämpfen, bei dem der ganze Text und nicht nur ausgewählte Zitate bewertet wurde. Der Freispruch hinderte allerdings den niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kunst, PESTEL (CDU) nicht an Disziplinarstrafen und Suspendierungen gegen PETER BRÜCKNER, die erst Ende 1981, kurz vor dessen Tod am 10.4.1982 aufgehoben wurden.
Daß die Unterstellung des MESCALEROs, "daß die Entscheidung zu töten oder zu killen bei der herrschenden Macht liegt, bei Richtern, Bullen, Werkschützern, Militärs, AKW-Betreibern", findet bei BUBACKs Nachfolger KURT REBMANN eher eine Bestätigung als bei dem ermordeten Generalbundesanwalt. In
lese ich über ein Brainstorming im Großen Krisenstab am 8.9.1977, drei Tage nach der Entführung von HANNS MARTIN SCHLEYER:
Am Ende der Sitzung gegen 22 Uhr hält der Protokollführer neun unterschiedliche "Modelle" fest. Sie reichen von der Einführung der Kronzeugenregelung über die Schaffung eines "Internierungslager für Terroristen" bis zur Verfolgung der freigelassenen Häftlinge durch ein "Sonderkommando". Der rechtlich rücksichtsloseste Vorschlag wird vom Generalbundesanwalt KURT REBMANN unterbreitet. Seine Handlungsvariante (Nr. 6) lautet: "Der Bundestag ändert unverzüglich Artikel 102 des Grundgesetzes, der lautet: "Die Todesstrafe ist abgeschafft". Statt dessen können nach Grundgesetzänderung solche Personen erschossen werden, die von Terroristen durch menschenerpresserische Geiselnahme berfreit werden sollen. Durch höchstrichterlichen Spruch wird das Todesurteil gefällt. Keine Rechtsmittel möglich." BÖLLING, VOGEL und SCHMIDT lehnen Repressalien ab.
WOLFGANG KRAUSHAAR: Der Kanzler und seine Krisenstäbe. Der nicht erklärte Ausnahmezustand während der SCHLEYER-Entführung
in: Die Skandale der Republik, a.a.O. S. 152-172, hier S. 158
WOLFGANG KRAUSHAAR ist auch der Herausgeber der Protestchronik, die ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde.
SUZUKI reagierte auf das Attentat wirklich unverschämt. Die 750 GS, mit der die Attentäter geflohen waren, war damals die schnellste Serienmaschine und wurde in der Werbung als "Sportskanone für Scharfschützen" gepriesen (HANNOVER a.a.O., S. 85). "Wir sind diesem Versuch, mit dem Entsetzen ein Geschäft zu machen, nachdrücklich entgegengetreten." VOGEL, a.a.O. S. 66)
Das Celler Loch |
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Wenn von Niedersachsen eine Gefahr für die demokratische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ausging, dann durch das Verhalten von Landesregierung und Verfassungsschutz im Zusammenhang mit dem "Celler Loch". JÜRGEN TRITTIN war übrigens Mitglied des Untersuchungsausschusses zu diesem Skandal. Es handelt sich dabei um den Versuch, einen Informanten in die RAF einzuschleusen. Dagegen ist nichts einzuwenden, wohl dagegen wie es gemacht wurde, wie später darüber informiert wurde und was dabei alles schiefging. Hier ist das WWW wieder wenig informativ, so daß ich mich hauptsächlich wieder auf "Die Skandale der Republik" stütze, und zwar auf
ECKART SPOO:
Die Staatsbombe. Wie Niedersachsens Regierungschef ERNST ALBRECHT den Terrorismus bekämpfte
a.a.O. S. 286-293
Am 25.7.1978 sprengten niedersächsische Verfassungsschutzbeamten ein Loch in die Mauer der Celler JVA. Die Landesregierung und die Anstaltsleitung wußten Bescheid, Bundesregierung und Polizei nicht. Den Medien wurde vorgeschwindelt, der Anschlag sei ein Befreiungsversuch für SIGURD DEBUS gewesen, tatverdächtig sei KLAUS-DIETER LOUDIL, ein vom Hafturlaub nicht zurückgekehrter Schwerkrimineller. Der Verfassungsschutz hatte sogar zwei Kriminelle angeworben, der andere war MANFRED BERGER. DEBUS aber hatte nicht nur nicht versucht, die beiden für terroristische Zwecke anzuwerben, er war nicht mal selbst RAF-Mitglied.
Die "Verfassungsschützer" ließen Ausbruchswerkzeug in DEBUS' Zelle schmuggeln, das dort gefunden werden sollte. In einem gestohlenen Auto, das der Geheimdienst von der Polizei in Salzgitter finden ließ, lag neben anderen Gegenständen, die auf eine geplante Gefangenenbefreiung hindeuten sollten, ein gefälschter Paß für DEBUS. Vordruck und Dienstsiegel stemmten aus Einbrüchen bei Behörden. Das Auto, einen Mercedes 350 SL, hatte der Geheimdienst durch den zu allerlei Schmutzarbeiten bereiten Agenten WERNER MAUSS alias RICK alias NELSON alias LAMPE alias FRANKE besorgen lassen. Nach dem vorgetäuschten Befreiungsversuch ließ Anstaltsleiter KÜHLING, obwohl er ja wußte, daß dem ihm zur Resozialisierung anvertrauten Häftling damit Unrecht geschah, die Haftbedingungen für DEBUS erschweren. Während des Anschlags hatte DEBUS arglos im Bett gelegen. Gleich nachher mußte er sich einer Durchsuchung seiner Zelle und einer Leibesvisitation unterziehen. Damit fingen die Schikanen erst an, die er infolge der geheimdienstlichen "Aktion Feuerzauber" zu erdulden hattte, bis er einige Monate später in Hungerstreik trat und kurz vor dem Termin seiner Haftentlassung starb. Bezeichnend ist, daß ein Antrag seiner Anwälte auf Hafterleichterung unter ausdrücklichem Hinweis auf den Sprengstoffanschlag vom 25. Juli 1978 abgelehnt wurde - ein mörderisches Verwirrspiel.
a.a.O. S. 288
Die Regierung ALBRECHT stellte die Aktion als mindestens achtfachen Erfolg dar (z.B. Zugang zu Terrorismus, Ausbruch vereitelt, Waffen gefunden), aber jede dieser Behauptungen konnte im Untersuchungsausschuß widerlegt werden. ERNST ALBRECHT vertrat übrigens in einem Buch die Ansicht, Folter sei in bestimmten Situationen ein erlaubtes Mittel, Verbrechen aufzuklären. Was mit DEBUS geschah, war nahe dran. Ein weiterer Geschädigter der Aktionen war der Maurer MANFRED GÜRTH, in dessen Wohnung LOUDIL eingezogen war. Nach LOUDILs Auszug entdeckte man dort eine Bombe, wofür GÜRTH zu drei Jahren Haft wegen Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags verurteilt wurde, aber vermutlich hatte LOUDIL die Bombe gebaut. BERGER wurde danach noch oft straffällig, aber 1981 für 30 Straftaten mit sechseinhalb Jahren milde beurteilt, weil "die Tätigkeit für eine niedersächsische Institution es dem Angeklagten unmöglich gemacht hat, sich in die Gesellschaft normal einzugliedern und ein bürgerliches Leben zu führen." Geschädigt wurde auch die vom Verfassungsschutz getäuschte Polizei, die zwei bewaffnete "Ausbrecher" jagte, die immer wieder Tipps bekamen und rechtzeitig flüchten konnten.
Die Landesregierung bezifferte den Schaden der Aktion allerdings nur auf 150 DM (für die Mauerreparatur). Da ihr das Gefängnis gehörte, hätte sie es auch beschädigen dürfen. Das ist was die Kosten angeht etwa so, als ob man die Kosten eines Castortransportes am Dieselverbrauch der LKWs mißt und (so ECKART SPOO) nach der Logik hätte auch GÖRING den Reichstag abfackeln dürfen.
Ach so: Die CDU wollte ERNST ALBRECHT mal zum Kanzlerkandidaten machen, aber dann setzte sich doch FRANZ JOSEF STRAUSS durch. Bei der nächsten Wahl stellt sich vielleicht die Frage "ROLAND KOCH oder EDMUND STOIBER?"
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Das SPD-SED-Grundsatzpapier |
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Das WWW ist lückenhaft. Erneuter Beweis:
Am 4.9.1997 veranstaltet der WDR zum 20. Jahrestag eine Podiumsdiskussion über den "Deutschen Herbst". Anwesend waren z.B. HANS JOCHEN VOGEL und RUPERT VON PLOTTNITZ.
HELGA KIRCHNER verdeckt RUPPERT VON PLOTTNITZ, während jemand an HANS JOCHEN VOGEL rumfummelt.
Geleitet wurde die Sendung von HELGA KIRCHNER. Ich war im Publikum, weil ich endlich mal meine Lieblingsjournalistin CLAUDIA WOLFF kennenlernen wollte, was mir auch gelungen ist. VOGEL erwähnte dabei auch den MESCALERO-Nachruf, den er scharf verurteilte. Ich fragte ihn deshalb später, wieso gerade er, der als Vorsitzender der SPD die Partei oft gegen unberechtigte Vorwürfe wegen eines gemeinsamen Grundsatzpapiers mit der SED verteidigen mußte, gegen den BUBACK-Nachruf so polemisiere. Schließlich zeige doch die Analyse des gesamten Textes, daß er Gewalt ablehnt. VOGEL verstand mich nicht (was nicht wundert wenn man an seinen peinlichen Auftritt in "ZAK" denkt), sondern verwies auf die ermordeten Begleiter und wie sich die Hinterbliebenen bei der Passage über Fotos im Verbrecheralbum fühlen. (Wenn das so eine schlimme Passage ist, muß sich SCHRÖDER vom Fahndungsplakat der CDU auch beleidigt fühlen. Ich glaube eher, daß er sich über diesen Rohrkrepierer freut.) VOGEL hat zum BUBACK-Nachruf wohl eine gefestigte Meinung, die sich auch in den "Nachsichten" a.a.O. S. 65 wiederfindet.
Um so deprimierender war für mich, daß knapp zwei Wochen nach dem Mordanschlag in einer vom Allgemeinen Studentenausschuß der Universität Göttingen herausgegebenen Zeitschrift ein Artikel erschien, in dem im Zusammenhang mit diesen Morden von "klammheimlicher Freude" die Rede war. Interpretationsversuche einzelner Apologeten, die dieser Wendung einen anderen Sinn geben oder si gar als nicht zu beanstandende Meinungsäußerung werten wolltenm und die bundesweite Debatte, die sich darüber entspann, machten die Sache eher noch schlimmer. An die Familien der Ermordeten hat wohl von denen, die da das Wort führten, keiner gedacht. Der Tabubruch war ihnen offenbar wichtiger. Inzwischen sind einige von denen, die damals die Aktivitäten der Terroristen oder doch ihre Beweggründe verständnisvoll begleiteten, zu besseren Einsichten gelangt. Darunter auch KLAUS RAINER RÖHL, dessen Selbstkritik in seinem Buch "Linke Lebenslügen" allerdings für meinen Geschmack reichlich emphatisch geraten ist... [und der der Vater von ULRIKE MEINHOFs Tochter BETTINA RÖHL ist, die JOSCHKA FISCHER jetzt besonders hart angreift.]
Das erwähnte SPD-SED-Grundsatzpapier ist nirgendwo im WWW zu finden! Ausgerechnet der CDU-Ortsverband der Stadt, in der ich wohne, wird von Google als erste Fundstelle für "SPD SED Grundsatz" genannt:
Auch ist in diesem Zusammenhang an das gemeinsame Grundsatz-Papier von SPD und SED vom August 1987 zu erinnern. Hier hieß es, Bundesrepublik und DDR müßten sich auf einen langen Zeitraum einrichten, in dem sie nebeneinander bestehen und miteinander auskommen müßten. Keine Seite dürfte der anderen die Existenzberechtigung absprechen. Die Hoffnung könne nicht darauf gerichtet werden, daß ein System das andere ablöst.
Wir sind ein Volk ! Die CDU in Aachen feierte den Tag der Deutschen Einheit
wahrscheinlich, weil dieser Vorwurf in dem Text zweimal auftaucht.
Der vollständige Text ist leider nicht online, vielleicht weil es 1987 noch nicht üblich war, sich im Internet zu präsentieren. Und als die Parteien damit anfingen, war es für die SPD kein Thema mehr, für die CDU-CSU immerhin noch gelegentlich als Vorwurf an die SPD zu gebrauchen, auch von ihrem obersten Strippenzieher:
Im August 1987 beschloss die SPD als Krönung ihrer Zusammenarbeit mit der SED ein Grundsatzpapier, in dem es hieß: "Beide Seiten müssen sich auf einen langen Zeitraum einrichten, währenddessen sie nebeneinander bestehen und miteinander auskommen müssen."
VOGEL selbst schreibt darüber
Die Grundwertekommission der SPD - diese unter Federführung ERHARD EPPLERS - und die Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED hatten seit 1985 in mehreren Begegnungen unter dem Titel "Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit" ein Papier ausgearbeitet. Es befaßte sich in sechs Abschnitten unter anderem mit der Friedenssicherung, dem friedlichen Wettbewerb der Gesellschaftssysteme, der Notwendigkeit einer Kultur des Dialogs und des politischen Streits und Ansätzen sowie Grundregeln für eine Kultur des politischen Streits. Im ideologischen Teil lauteten seine Kernaussagen:
"Die offene Diskussion über den Wettbewerb der Systeme, ihre Erfolge und Mißerfolge, Vorzüge und Nachteile, muß innerhalb jedes Systems möglich sein. Möglicher Wettbewerb setzt sogar voraus, daß diese Diskussion gefördert wird und praktische Ergebnisse hat. Nur so ist es möglich, daß öffentlich eine vergleichende Bilanz von Praxis und Erfahrung beider Systeme gezogen wird, so daß Mißlungenes verworfen, Gelungenes festgehalten und gegebenfalls übernommen und weiterentwickelt werden kann.
Kritik auch in scharfer Form darf nicht als eine 'Einmischung in die inneren Angelegenheiten' der anderen Seite zurückgewiesen werden. Jedenfalls gilt auch hier das Prinzip der souveränen Gleichheit, daß keine Seite praktisch in Anspruch nehmen darf, was sie der anderen nicht zubilligt."
Jetzt ging es darum, ob das Präsidium der Partei das Papier förmlich zur Kenntnis nehmen, ihm dadurch einen offiziösen Rang geben und seiner Veröffentlichung zustimmen sollte. Die Tragweite des Vorgangs lag auf der Hand. Immerhin war es seit der Spaltung der Arbeiterbewegung das erste Mal, daß sich Sozialdemokraten und Kommunisten auf ein gemeinsames Papier verständigten. Und ebenso war es das erste Mal, daß eine demokratische Partei den Versuch unternahm, mit der SED zur wechselseitigen Beurteilung grundsätzlicher Positionen zu gelangen.
Ich war mir des Wagnisses und der Gefahr von Fehldeutungen durchaus bewußt, zumal sich in der Partei bereits Stimmen gegen das Vorhaben erhoben hatten. So warnte HELMUT SCHMIDT davor, sich mit der SED als Partei einzulassen. Ich setzte dagegen, daß es keinen substanziellen Unterschied mache, ob man sich - wie das ja auch HELMUT SCHMIDT regelmäßig getan hatte - mit den Führungspersonen der DDR in ihren staatlichen Funktionen zusammensetze oder ob das in ihrer Eigenschaft als Parteifunktionäre geschehe. Es handle sich im Ergebnis immer um die gleichen Personen, deren Führungsanspruch der Staat DDR genauso unterliege wie die Partei. Entscheidend war für mich jedoch, daß die SED mit den zitierten Sätzen den Wettbewerb der Systeme akzeptierte, zugleich ihr Wahrheitsmonopol und damit ein zentrales Element der kommunistischen Ideologie in Frage stellte und dennoch bereit war, den vollen Text des Papiers im "Neuen Deutschland" zu publizieren. Das wog schwerer als Bedenken gegen die eine oder andere Formulierung, die hingenommen werden mußten, wenn die Sache überhaupt zustande kommen sollte. Außerdem war ich mir ziemlich sicher: Eine "ideologische Ansteckung" hatte die andere Seite, nicht die deutsche Sozialdemokratie zu fürchten. Auch war vorauszusehen, daß es der anderen Seite immer schwerer werden würde, nach außen Dialogbereitschaft zu demonstrieren, nach innen aber am Monolog der SED festzuhalten. Ich empfahl dem Präsidium deshalb ein positives Votum, das auch so zustande kam.
Wenige Tage später erschien der volle Wortlaut im "Neuen Deutschland". Das erregte in der DDR großes Aufsehen und setzte dort eine Diskussion in Gang, die der SED bald unbequem zu werden begann. In der Bundesrepublik war das Aufsehen ebenfalls beträchtlich. Zustimmung und Ablehnung - letzte überwiegend vom rechten Flügel der Union - hielten sich die Waage.
Ermutigend war für mich die Reaktion des Bundespräsidenten [RICHARD VON WEIZSÄCKER, N.S.], dem ich den Text übersandt hatte. Er schrieb mir unter anderem: "Mit lebhaftem Interesse habe ich die Aufstellung von Grenzen und Berührungspunkten zwischen beiden Seiten nachverfolgt. Ebenso habe ich mit Aufmerksamkeit registriert, wie nicht nur bei uns, sondern auch im DDR-Fernsehen Vertreter beider Seiten in einer sehr instruktiven Weise über das Ziel der Arbeit diskutiert haben."
VOGEL, a.a.O, S. 247 ff
Ich habe der SPD eine e-mail geschickt, mit der Bitte, dieses Grundsatzpapier und andere wichtige Dokumente ihrer langen Geschichte im WWW zu veröffentlichen. Man antwortete mir:
Nach unserer Vorstellung gehören nicht alle für die Geschichte der SPD interessanten Dokumente in diesen - vorwiegend auf Aktualität bezogenen - Kommunikationsbereich. Aus dem Bibliotheken füllenden Material zur Geschichte der SPD kann nur eine beschränkte Auswahl getroffen werden.
Dies ist der Grund, warum wir das Dialogpapier zwischen der Akademie für Gesellschaftswissenschaften der SED und der Grundwertekommission der SPD nicht ins Internet eingestellt haben.
und schickte mir den Text und die Stellungnahme der Grundwertekommission 1992. Ich veröffentliche beides, um dem Mangel des WWWs abzuhelfen.
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Da FISCHER anscheinend überhaupt nichts mit dem MESCALERO-Nachruf zu tun hat, gehe ich hier auf die Frankfurter Spontiszene nicht ein und verweise auf das FR-Special.
Trotzdem möchte ich doch auf einen merkwürdigen Gegensatz hinweisen. Die Fragestunde im Bundestag am 17.1.2001 zu Fischers damaligem Verhalten, die dann zu einer Aktuellen Stunde ausgeweitet wurde, brachte wenig Klärung, aber viele oft läppische Fragen, die von vornherein nicht zur Aufklärung geeignet waren. Ich finde das legitim, weil ich grundsätzlich meine, daß ein Recht gefährdet ist, wenn man von der Art der Ausübung abhängig macht, ob es weiter gewährt wird. Genau das aber plant die CDU in Thüringen, wie ich kürzlich aus "Deutschland heute" im DLF erfuhr:
siehe dazu die Pressemitteilung der PDS-Fraktion vom 19. Januar 2001.
Zu CARRERO BLANCO vgl.
Göttingen ist bis in die jüngste Zeit Ort heftiger Auseinandersetzungen gewesen, Polizei und Staatsanwaltschaft konnten aber letztlich wenig beweisen, worauf die grüne Landtagsabgeordnete SILKE STOKAR in der Sitzung des niedersächsischen Landtags am 15.7.1999 hinwies:
105 Göttinger, die bereits Anfang der achtziger Jahre als Verdächtige in die Dateien und Kriminalakten des Staatsschutzes geraten waren, wollen heute nicht erneut unter Terrorismusverdacht stehen. Die Frauen und Männer, die das Landeskriminalamt als mögliche Tatverdächtige für einem Brandanschlag auf das Arbeitsamt in Göttingen im Jahre 1997 in einer Ermittlungsliste aufgeführt hat, haben eine politische Vergangenheit als Linke in diesem Lande Niedersachsen.
Regierungen haben sich schon früher schwer getan mit der linken Universitätsstadt Göttingen. Davon zeugt nicht zuletzt das Denkmal der "Göttinger Sieben" hier vor dem Landtag.
In unserer Zeit führte der Göttinger "MESCALERO-Aufruf" zu einer geradezu hysterischen Verfolgung und Diffamierung von Professoren und Studenten an der Universität. Der Terrorismusverdacht erfaßte in den vergangenen 20 Jahren Hunderte meist junger Menschen. Ein Terrorismus-Ermittlungsverfahren löste in Göttingen das nächste ab. Nach jahrelangen Ermittlungen aufgrund solcher Verdächtigungen endeten die Verfahren mit ein paar banalen Anklagen oder wurden ganz eingestellt.
TRITTIN, BUBACK, MESCALERO: Remake eines Stückes aus dem Tollhaus
Leider kommt es immer wieder vor, daß Texte bewußt mißverstanden werden, um künstliche Aufregung zu erzeugen, oder unbewußt, weil der eigene Verstand nicht ausreicht. Letzteres ist auch ein Problem der Schule, wo Quellenkritik gelehrt werden muß. Wenn ich den Eindruck habe, daß ich nicht verstanden werde, fordere ich manchmal "Sag das mal mit eigenen Worten", um zu überprüfen, ob ich etwas wiederholen muß. Gegen bewußtes Mißverstehen hilft das aber nicht. Das vermute ich oft bei PolitikerInnen. Die Rede PHILIPP JENNINGERs zum 50. Jahrestag der Reichskristallnacht ist m.E. tadellos und absichtlich mißverstanden worden, wobei er mir aber nicht leid tut, weil er 1976 STAECK-Plakate gegen die PINOCHET-Diktatur abgerissen hatte. Literatur: |
a.a.O. S. 21
Die Aufregung um das TUCHOLSKY-Zitat "Soldaten sind Mörder" ist ein weiteres Beispiel dafür. Aber auch Militärgegner sind mir schon unangenehm aufgefallen, als ein Gericht einem Kriegsdienstverweiger mangelnde Überzeugung bescheinigte, der zwar dummerweise gesagt hatte, bei einem Verkehrsunfall einen Menschen zu töten sei für ihn genau so eine Gewissensbelastung wie auf Befehl beim Militär, der aber nicht seinen Führerschein abgeben wollte. Das ist wirklich unlogisch und daß ihm die Anerkennung als Kriegsdienstverweiger verwehrt wurde geschah ihm Recht. Von interessierten Kreisen wurde es so dargestellt, als dürften Autofahrer nicht mehr den Kriegsdienst verweigern. (Ich selbst habe übrigens 1984-1986 Zivildienst geleistet. Ich habe kürzlich beim Umzug meinen Wehrpaß wiedergefunden.)
Hintergrundmusik: http://celine-sa.hypermart.net/BD-BDylan-The%20Times%20They%20Are%20A-Changin'-2.mid
BOB DYLAN schrieb den Text 1963
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