MARLIS ALLENDORF

Die Frau im Sozialismus- ein Weg ohnegleichen

«Häuser werde ich bauen - die reinsten Träume! Sie sollen die Menschen zusammenführen. Technische Gemeinschaftseinrichtungen werden sie haben, herrliche Spielzimmer und Tummelplätze für alle Kinder des Hauses. Und praktisch werden die Häuser sein, mit verschiebbaren Wänden ...»

«Mein Lieblingsfach ist Physik. Ich träume davon, in einem der riesigen Wasserkraftwerke an der wilden Angara oder am Jenissei zu arbeiten oder noch lieber ein ganz neues mitzubauen, den Kampf mit der Natur aufzunehmen, wie die Erbauer von Bratsk. Aber ich wohne an der Spree ... Trotzdem: Langweilig wird mein Leben auch in der DDR nicht sein ...»

«Ich möchte einmal in einer Gaststätte arbeiten, in der alle sich wohl fühlen. Alles wird geschmackvoll und blitzsauber sein, jeder Gast bekommt außer gutem Essen ein freundliches Lächeln. Die Kinder sind die liebsten Gäste. Die Küche arbeitet nach den Regeln gesunder Lebensweise, alle Speisen schmecken herrlich. Und ich wünsche mir, daß die Leute über meine Gaststätte gar nicht staunen, weil es davon Tausende gibt...»

Das sind Zukunftsträume junger Mädchen, aufgeschrieben in einer Berliner Oberschule. Wer sie liest, stellt fest, daß es weite Träume sind, Träume mit «großem Atem». Sie erzählen von Idealen, von Phantasie und von jener «Unbescheidenheit», die zu den Voraussetzungen schöpferischen Denkens gehört. Andererseits: Sind solche Zukunftsgedanken nicht selbstverständlich für eine Mädchengeneration, die gleichberechtigt in einem sozialistischen Land aufwuchs?

Vor einem Menschenalter noch glaubten nur Sozialisten an die Realisierbarkeit solcher Mädchenträume. Sie wußten, daß die Zukunftsvision des Arbeiterführers August Bebel Wirklichkeit wird, wenn die Arbeiterklasse den Kapitalismus zerschlagen und eine neue Ordnung aufgebaut hat.

August Bebeis Buch mit dem schlichten Titel «Die Frau und der Sozialismus» erschien im Jahre 1879, und zwar illegal, Seine berühmten Worte über das Leben der Frau im Sozialismus waren: «Die Frau der neuen Gesellschaft ist sozial und ökonomisch vollkommen unabhängig. Sie ist keinem Schein von Ausbeutung mehr unterworfen, sie steht dem Manne als Gleiche, Freie gegenüber, sie ist Herrin ihrer Geschicke.»

Dieses Ideal von der freien, gleichen Partnerin des Mannes hob sich -als Bebel es in Worte faßte-so hell von der Wirklichkeit des Lebens der Frauen ab, daß es vielen absolut utopisch erschien, zum «Gott sei Dank» der einen, zum seufzenden Bedauern der anderen, je nach Geschlecht und Klassenlage. Das herrschende Bild von der Rolle der Geschlechter war ja: Die Mädchen wurden auf das Walten im häuslichen Kreise vorbereitet, darauf, einmal Dienerinnen ihres Ernährers und ihrer Familie zu sein. Die Welt war das Haus des Mannes, das Haus die «Welt» der Frau ... Wie viele Hunderttausende, ja Millionen Frauen vergangener Generationen haben nicht einmal geahnt, daß in ihnen ein großartiger Arzt, ein Lehrer, ein Mechaniker oder Techniker, ein Ingenieur, ein begabter Organisator steckte. Wie viele wunderbare Fähigkeiten mögen im Laufe

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