Während des Zivildienstes habe ich eine kleine alte Frau kennengelernt, die mit seltsam verbogenen Extremitäten (wie die Krankheit hieß, weiß ich nicht mehr) auf Rollstuhl und Behindertenfahrdienst angewiesen war. Sie hatte sich aber in den Kopf gesetzt, noch einmal Dresden zu besuchen, wo sie das Kriegsende erlebt hatte, und sprach noch Jahre später davon, wobei ihr vorschwebte, ich könne sie in einem Mietwagen dorthin fahren. Uns war klar, daß dafür eine Reise gebucht werden mußte.
Vom Mietwagen habe ich ihr abgeraten. Stattdessen besorgte ich für 300 DM, die sie bezahlte, einem Mercedes 200 D mit drei Monaten Restlaufzeit bis zur Hauptuntersuchung. Besuche in Ostberlin hatte ich seit 1985 schon wiederholt mit der S-Bahn unternommen.. Nun kam in zum erstenmal in eine andere DDR-Stadt.
Die Reise (übrigens mit Aufenthaltsgenehmigung nur für den Bezirk Dresden, nicht für die ganze DDR) hat der Mercedes gut überstanden, nur ist in Dresden dank des erschütternden Straßenzustands der Schlauch am Kühler mit dem Stutzen (oder wie nennt man das?) abgegangen und mußte gelötet werden. Erst mal habe ich in einem kleinen Behälter bei der Volkspolizei Wasser geholt und den Kühler wieder gefüllt, dann Tücher in die nicht mehr zu verbindenen Öffnungen gestopft und auf das Abkühlen des Motors gewartet. Der VEB Autoreparatur war erst nicht zu erreichen, dann sollten lange Dienstwege eingehalten werden. Meine Auftraggeberin hatte aber im Auto wartend schon die Adresse eines Handwerkers ermittelt, der sowas reparieren konnte. Das hat er auch für 50 DM und etwas Schokolade und Kaffee aus dem NSW (nichtsozialistischem Wirtschaftsgebiet) gemacht. Bei ihm entstand dieses Foto:
Neu aufgelöteter Stutzen (oder wie das heißt)
Die reparierte Stelle hat mir nie wieder Probleme bereitet. Im Interhotel haben wir später dieses Erlebnis (einschließlich "erschütternder" Straßenverhältnisse) im Gästebuch verewigt. In Meißen haben wir DDR-Bürger damit beeindruckt, wieviel wir für den Wagen bezahlt haben (so billig!). Mal eben Schrott kaufen, um eine Reise zu machen, überstieg ihren Horizont. Anderenorts habe ich mit der Miete für meine 36 m2-Wohnung beeindruckt (so teuer!).
In der Straße der Befreiung fand ich das Büro des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands:
Eingang des Beratungszentrums
Aushang mit Veranstaltungshinweisen
Die Themen, zu denen Vorträge beim DFD gehalten wurden, hatten in meinen Wessi-Augen 1988 nicht das mindeste mit Feminismus zu tun, nicht mal mit sozialistischer oder gewerkschaftlicher Frauenpolitik. Ich habe mir alles, was ich mit Hilfe der Erinnerung auf dem Foto zu erkennen meinte, schon damals auf der Rückseite notiert. Das eingescannte Foto läßt das bei der Auflösung nicht erkennen:
Abseits der Straße der Befreiung sah es übrigens so aus:
Beim zweiten Besuch in Dresden habe ich den DFD wieder gesucht, um zu sehen, ob er sich in Richtung Feminismus entwickelt hatte. In der Straße der Befreiung war er ausgezogen. Dort fand ich Bertelsmann:
ehemaliges DFD-Büro
Den DFD habe ich etwas weniger zentral in einem Neubaugebiet gefunden:
Die Themen werden anspruchsvoller.