Monumente ist die Zeitschrift der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz. Ich hatte einige Hefte hintereinander gelesen und mich dabei über einige Formulierungen geärgert.
Monumente
Redaktion
Dürenstr. 8
53173 Bonn
10. März 1998
sprachkritische Anmerkungen zu mehreren Monumente-Artikeln
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wenn FRIEDRICH LUDWIG MÜLLER schreibt:
Wer kennt sie nicht und hat sie nicht gelegentlich zitiert, die Zeilen aus dem Osterspaziergang in GOETHEs Faust: "Zufrieden jauchzet Groß und Klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein."
(Monumente 7/8 1997, S. 62)
so muß ich "Hier, ich!" rufen, denn ich habe sie noch nicht gelegentlich zitiert.
Dennoch ist mir Sprache wichtig. Aber eine Plastiktüte mit der Aufschrift "Hier bin ich Mensch! Hier kauf ich ein." finde ich witzig. Darüber in Wehklagen auszubrechen ("Zeitgeist, wohin führst du uns?") ist unangebracht. Herr MÜLLER sollte seine Aufmerksamkeit vielleicht lieber den unsinnigen Apostrophen schenken ("Conny's Haarstudio").
F. L. MÜLLER gibt sich zwar (in Zusammenhang mit dem Denkmal für Kardinal ALBRECHT VON BRANDENBURG) sprachkritisch:
Hier spiegelt sich eine Zeit, in welcher der Bordelljargon zur Umgangssprache wird...
(ebd.)
aber unabhängig vom Jargon sollte die Semantik nicht vernachlässigt werden. Weiter heißt es in MÜLLERs Tagebuch:
In einer solchen Zeit ist es geradezu verwunderlich, wenn noch an einem nackten Kardinal Anstoß genommen wird.
Was für eine Zeit ist es denn nun: eine in der der Bordelljargon zur Umgangssprache wird oder eine, in der noch an einem nackten Kardinal Anstoß genommen wird? Oder beides? Oder kommt es nur auf die Sichtweise an? Jedenfalls scheinen mir die aufgeführten Ereignisse nicht so dramatisch, wie F. L. MÜLLER behauptet.
Die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz sollte sich nicht dazu mißbrauchen lassen, gegen Denkmäler Stellung zu beziehen, die einer Kirche oder Partei unangenehm sind, wenn es dafür keine denkmalpflegerischen Gründe gibt. Übrigens steht auch in Konstanz ein ähnlich "anstößiges" Denkmal, das an das Konstanzer Konzil erinnert.
CHRISTIANE ROSSNER schreibt
Es ist daher ein Glücksfall, daß sich nirgendwo in Deutschland so viele Glocken aus dem 12. bis 15. Jahrhundert erhalten haben wie rund um den Harz.
(Monumente 3/4 1997, S. 15)
Warum hat das niemand redigiert und korrigiert? Es ist kein Glücksfall, daß sich nirgendwo in Deutschland so viele Glocken aus dem 12. bis 15. Jahrhundert erhalten haben wie rund um den Harz, sondern es wäre ein Glücksfall, wenn sich überall in Deutschland so viele Glocken aus dem 12. bis 15. Jahrhundert erhalten hätten wie rund um den Harz. Da dies aber nicht so ist, kann allenfalls noch behauptet werden, daß es ein Glücksfall für den Harz sei, daß sich zumindest hier noch so viele Glocken aus dem 12. bis 15. Jahrhundert erhalten haben.
Und noch eine kritische Anmerkung:
Vermutlich CHRISTIANE KRANZ (CK) liegt ganz schief, wenn sie in "Wachtwechsel. , Neue Wache: Symbol für ein schwieriges Vaterland" behauptet:
Beste Voraussetzung für die DDR-Regierung, den Raum in ihrem Sinne zu gestalten... Nun prangten Hammer und Sichel an der hinteren Wand. Gewidmet war das Mahnmal jetzt "den Opfern des Faschismus und Militarismus"
(Monumente 3/4 1993, S. 5)
Wie zwei Seiten weiter zu sehen ist, zierten nicht Hammer und Sichel, sondern Hammer, Zirkel und Ährenkranz die Wand, immerhin Symbole, die auch gut zum Denkmalschutz passen, und die zumindest mir besser gefallen, als das heraldische Geflügel der BRD. Hätte die DDR von diesen Geräten doch mehr Gebrauch im Sinne des Denkmalschutzes gemacht! Hammer und Zirkel stehen auch in Beziehung zur DDR-Hymne, in der es heißt:
Laßt uns pflügen, laßt uns bauen,
lernt und schafft wie nie zuvor
und der eignen Kraft vertrauend
steigt ein frei Geschlecht empor.
Nebenbei: Auch das paßt besser zum Denkmalschutz als HOFFMANN VON FALLERSLEBENS peinliches Trinklied ("Deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang").
Mit freundlichen Grüßen
NORBERT SCHNITZLER
Auf dieses Schreiben erhielt ich eine knappe aber freundliche Antwort, die sachliche Fehler zugab, meinen Wertungen aber nicht zustimmte.
Eigentlich habe ich mir hier aus Spaß den falschen Gegner ausgesucht. Ich bin zwar linksliberal, aber ein erzkonservativer Bewahrer von Denkmälern ist mir immer noch lieber als ein Modernisierer, der wegen einiger versprochener Minijobs in einem Einkaufszentrum historische Ortskerne abreißt. Ich erinnere mich diffus an einen Bericht im Fernsehen des Bayerischen Rundfunks über einen Kaufhausbetreiber namens "Storg", der offenbar schon mehrmals solche Politiker oder Verwaltungsmenschen für seine Zwecke einspannen konnte.
Also, Monumente-Redaktion: Weiter so!