Am 22.8.1999 bemerkte ich in der ZDF-Frauensendung Mona Lisa einen schweren Fehler, der mich gleich zu einer E-Mail veranlaßte, in der ich am nächsten Morgen die Redaktion darauf hinwies. Ich erwartete, daß der Fehler in der nächsten Ausgabe korrigiert würde und man mir für den Hinweis danke. Weder das eine noch das andere geschah. Bisher hüllt sich Mona Lisa in Schweigen.
From: Norbert Schnitzler <Norbert@norbertschnitzler.de>
To: monalisa@zdf.de
Sent: August 23, 1999 8:43:01 AM GMT
Sehr geehrte Mona-Lisa-Redaktion
in ihrer gestrigen Sendung behaupteten Sie:
"1994 kommt es zu einem Prozeß gegen den Fotografen HELMUT NEWTON. In der 'EMMA' hatte ALICE SCHWARZER dessen Fotos als sexistisch geschmäht. Zu Recht - befindet das Gericht. Heute ist ALICE SCHWARZER Turmherrin des Frauenmediaturms in Köln."
Eine solche Falschbehauptung hätte Ihnen nicht passieren dürfen. Hat da eine junge Praktikantin etwa den Beitrag zusammengeschludert? Haben Sie aus "EMMA" abgeschrieben?
In Wirklichkeit war es nämlich ganz anders:
Der Prozeß wurde VON NEWTON GEGEN Emma angestrengt und das zu Recht - befand das Gericht. Innerhalb weniger Minuten habe ich im Internet diese Darstellung dazu gefunden:
Im November 1993 erschienen in einem Artikel der Zeitschrift EMMA 19 Fotos vom Fotografen HELMUT NEWTON. Die Autorin ALICE SCHWARZERversuchte zu belegen, daß NEWTONs Fotos nicht nur sexistisch und rassistisch, sondern auch faschistisch sind. Das Landgericht München verurteilte die EMMA-Herausgeberin daraufhin zu Schadensersatzzahlungen. Was steckt hinter diesem Urteil?
Die journalistische Tätigkeit lebt davon, daß eigene Positionen durch Zitate aus fremden Werken untermauert werden. Will man sich kritisch mit Fotografien auseinandersetzen, ist es unumgänglich, diese als Beleg der eigenen Thesen zu präsentieren. Der Abdruck von Bildern wird hierbei als Zitat behandelt.
Zitate sind auch dann zulässig, wenn es sich bei ihnen um urheberrechtlich geschützte Werke handelt. Allerdings zieht das Gesetz strenge Grenzen zu Gunsten des Urhebers. Nur dort, wo Text und zitiertes Werk in unmittelbarer Beziehung zueinander stehen, muß der Urheber die entschädigungslose Vervielfältigung und Verarbeitung seiner Werke hinnehmen.
Selbst wenn diese Beziehung besteht, ist die Wiedergabe fremder Werke nur so lange zulässig, wie es zum Zwecke des Zitates unbedingt erforderlich ist. Das Landgericht München ist der Ansicht, daß der Abdruck von 19 Fotos in einem sechsseitigen Artikel das Maß des erforderlichen überschreitet.
Ob diese Entscheidung den Bedürfnissen der modernen Massen kommunikation gerecht wird, ist zweifelhaft. Informationen werden weit stärker durch Bilder vermittelt, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war.
Zur grundsätzlich garantierten Freiheit der Meinungsäußerung gehört heute deshalb auch, nicht nur zwei oder drei Bilder zitieren zu dürfen, wenn über das Werk eines Fotografen kritisch berichtet wird. Immerhin: Dem Anliegen der Fotografen kommt dieses Urteil entgegen.
(aus FotoMagazin 06/95; von RA Dr. WOLFGANG PRINZ, Köln)
Soviel Recherche wäre auch Ihnen nicht unzumutbar gewesen.
Sie zeigen ALICE SCHWARZER mit ALFRED BIOLEK kochend. Ist Ihnen entgangen, daß sie damit ihren Tierrechtsforderungen widersprach?
1994 veröffentlicht Emma das berüchtigte Tierrechts-Dossier, ALICE SCHWARZER entdeckt das "Hühner-KZ". 1995 steht sie in der Küche von ALFRED BIOLEK und bereitet ein Brathühnchen zu, Zitronenhuhn á la ALICE. Die Leserinnen von Emma waren empört. Sie werten dies ebenfalls als Indiz für SCHWARZERs Unglaubwürdigkeit, sprechen von Schmiegsamkeit. Man könnte doch auch sagen: Na, ist ja klasse, wenn ihr das Fleisch wieder schmeckt. Immerhin war es auch ein Bio-Hühnchen.
BASCHA MICKA: Das ist eine eher witzige Episode. Ich glaube nicht, daß ALICE SCHWARZER je die Absicht hatte, Vegetarierin zu werden. Schlimmer war, daß sie Frauen und Tiere in diesem Dossier gleichgesetzt hat.
Eine kritischere Betrachtung des Frauenmedienturms, mit dem ALICE SCHWARZER vor allem ihre Machtposition in der Frauenbewegung zu stärken versucht, ist von Ihnen nach einer solchen Fehlleistung wohl auch nicht zu erwarten. Frankfurter Rundschau und Kölner Stadtanzeiger haben ebenso wie der WDR (Kritisches Tagebuch) darüber berichtet, daß eine mißliebige Journalistin den Frauenmedienturm nicht betreten durfte. Für Mona Lisa kein Thema.
Seien Sie froh, daß nur harmlose Zuschauer wie ich Sie mit e-mails quälen und nicht SCHWARZER-Methoden in Ihrer Redaktion herrschen (unterstelle ich mal, weil ich diese Methoden für ziemlich einmalig halte):
Eine Mitarbeiterin der erste Stunde, die keine "Gratisarbeit" leisten und ihr politisch durchaus korrektes, nämlich lesbisches Privatleben nicht vollständig dem Projekt opfern will, wird vor versammelter Frauschaft als "Krämerseele" abgekanzelt, worauf sie anfängt "zu heulen, und alle haben drumherum gesessen und nichts gesagt". Von ALICE, erinnert sich die Gemaßregelte, sei "so viel geballte Aggression" ausgegangen, "daß alle um sie herum völlig still waren, aus Angst, uns könne es auch treffen, wenn wir nur den Mund aufmachten". Frauen, die dem herrschenden Genius loci zuwider Beziehungen zu Männern unterhalten, werden mit dem Satz: "Die Heteras müssen zurück zu ihren Schwänzen!" in den schuldbeladenen Feierabend entlassen.
Sie nehmen die Kränkungen und Demütigungen hin, denn erstens steht "Emma" auf dem Spiel, zweitens darf vielen Gegnern des Projekts keine Munition zugespielt werden, und drittens finden auch die Geschurigelten zeitweise Gefallen an der despotischen Nestwärme. ALICE "war eine ganz wichtige Person in meinem Leben, sie hat mir gezeigt, was für eine Stärke Frauen haben können", rekapituliert eine Frau aus der vierköpfigen Gründertruppe. "Für mich war es wie der Eintritt in eine Familie, in der man offen, ohne Mißtrauen und sehr fröhlich miteinander umgeht", erinnert sich eine andere Ur-"Emma" an die rosigen Anfänge; später freilich hat sie "Träume, wo ich ALICE regelmäßig verdroschen habe".
Frauen, die es wagen, von Bord zu gehen, werden von der "Mutter der Bewegung" wie Verräterinnen gebrandmarkt: "Du bist in diesem Kapitel mal wieder eine ganz besonders dunkle und miese Seite", läßt sie eine, die gekündigt hat, wissen, "Sorry. Ich vergaß: Du bist eine Arbeitnehmerin. Eine, die sich in den Paragraphen auskennt ... Deine miese kleine formelle Kündigung aber zeigt mir: wieder mal geirrt, leider investiert in eine, die es weiß Gott nicht lohnt. Meiner Verachtung ... kannst Du gewiß sein. Denn so hilflos kann niemand sein, daß er so mies sein müßte. In diesem Sinne. ALICE"
Als 32 ehemalige "Emma"-Mitarbeiterinnen einen offenen Brief in der "Frankfurter Rundschau" veröffentlichen, in dem sie das Arbeitsklima in der Redaktion und das Gehabe der Herausgeberin beschreiben, geht sie, entsprechend ihrem Motto "Eins rein, zwei zurück", zum Gegenangriff über. Sie bestreitet die Faktizität aller Vorwürfe und putzt ihre Kritikerinnen als verhuschte Weibchen herunter, denen es an "Eigenverantwortlichkeit" mangele. Sie sieht sich als Opfer einer Verschwörung, wobei die kräftigsten Adjektive gerade gut genug sind, um das ganze Ausmaß der Infamie zu beschreiben: "Vielleicht ist es wirklich etwas spezifisch Deutsches an diesem hemmungslosen, ja, ich möchte fast sagen: faschistoiden Umgang mit Menschen."
DER SPIEGEL 12/1998 vom 16.03.1998, Seiten 48-62 POLITISCHES BUCH: "Ein Macho im Rock"
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Schnitzler