Birgit und der Boulespieler

28.6.1998

Dieses Ärgernis habe ich mit zwei Farben übersichtlicher zu gestalten versucht. Wo eigene Äußerungen wiedergegeben sind, erscheinen sie grün. Birgits Äußerungen sind rot.

Ich begleite Birgit nachmittags zum Flohmarkt bei Globus in Würselen. Sie hat schon einen Kleiderständer vorbereitet. Wir finden nur einen Platz an der Ecke eines Eingangs. Ich nehme doppelte Spiegel-Hefte mit, für die ich keinen Platz habe. Meine Spiegel will niemand, aber die Kleider gehen auch nicht gut weg. Hätten wir Standgebühr bezahlen müssen, wären wir nun 50 DM ärmer.

Sie berichtet von ihrer Trennung von D., die sie schon am Morgen, als wir uns telefonisch verabredeten, erwähnte. Die beiden sind seit acht Jahren verheiratet. Dabei stellt sie das so dar, daß ich schon aus Gerechtigkeit versuche, auch die andere Sicht (seine) zumindest zu erwägen zu geben. Sein Vergehen ist, daß er an diesem Tag zum Boulespielen weggefahren ist, obwohl

  1. sie vereinbart hatten, die Wochenenden gemeinsam zu verbringen, und Boulespielen sei nicht gemeinsam, weil sie das nicht betreibe,
  2. sie sich mit weiteren Personen an der Mosel treffen wollten, um verschiedene Anlässe zu feiern (meine Bezeichnung "Familienfest" lehnt sie vehement ab, auch als ich präzisiere, es müsse nicht ihre oder D.s Familie damit gemeint sein.),
  3. weil er sie belogen hat, es sei ein Boule-Wettkampf, der sich über das ganze Wochenende erstrecke, obwohl er zwei Boule-Veranstaltungen besuche, die unabhängig voneinander seien. Den dritten Vorwurf nehme ich am ernsten. Sie bezeichnet ihn sogar als Ehebruch.

Obwohl sie behauptete, sie hätten sich einvernehmlich getrennt - ich selbst habe sogar mit ihrer Zustimmung vermutet, er habe es darauf angelegt, daß sie ihm die Tür weist, weil er mit den Vereinbarungen nicht mehr einverstanden sei - ruft er sowohl an, als ich sie abhole, als auch, als wir vom Flohmarkt zurückkommen. Das deutet nicht auf Einverständnis, zumal er ihr abend berichtet, er habe an sie gedacht und ganz schlecht gespielt (Sie: Das gönne ich Dir). Sie legt schließlich auf, nachdem sie ihm lautstark die Meinung gesagt hat.

Unterwegs will ich ihr mehreres erzählen, z.B. berufliches und von den Äußerungen meiner Mutter zum Flohmarktbesuch. Nur das, was die zu unserem Flohmarktbesuch alles sagte, kann ich erzählen, wohl weil es auch Birgit betrifft, sonst kommen meine Themen nicht zu Wort.

Bouleplatz, gesehen bei der Eurospoor 2005 in Utrecht

Stattdessen spricht sie ausführlich von der Wortbrüchigkeit D.s. Seine Boule-Leidenschaft bezeichnet sie als Spielsucht. Ich lehne diesen Begriff ab, weil ich keinen Kontrollverlust und keine Dosissteigerung erkenne. Sie verweist darauf, daß er früher an den Wochenenden nicht gespielt habe, dann an den Samstagen, jetzt auch Sonntags. Das hat er aber schon, bevor sie sich kennenlernten. Auch daß er keinen persönlichen Kontakte habe, glaube ich ihr nicht, denn Boulespielen ist ein geselliges Ereignis ohne Aggression.

Beim Einladen unserer Ware nach den erfolglosen Verkaufsversuchen will uns ein Verkehrswacht-Mensch vertreiben. Der terrorisiert dort alle Händlerautos und auch die Kunden, die ihre Ware nicht so weit schleppen wollen. Einer fährt schon drohend auf ihn zu. Ich sage, ich müsse die vielen Spiegel einräumen, er könne mich ja aufschreiben. Das macht er. Birgit muß sich am Knöllchen beteiligen, und will natürlich einen flammenden Protestbrief schreiben. Das macht sie gerne, auch an ihrem Arbeitsplatz, wo sie sich dauernd benachteiligt fühlt.

Auf dem Rückweg vom Flohmarkt thematisiert Birgit, daß eine Ehe ein Kompromiß sei. Er habe sich an Vereinbarungen nicht gehalten. Ich frage, ob sie die Vereinbarungen schriftlich fixiert hätten, hatten sie aber nicht. Dann kann es auch eine Interpretationsfrage sein. Ich hake nach: Wenn sie einen Kompromiß vereinbart haben, müsse es doch auch Punkte geben, bei denen sie auf etwas verzichte. Sie müsse auf nichts verzichten, denn sie arbeite halbtags und könne alles, was ihn nicht interessiert, in der Zeit machen, in der sie allein sei. Schöner Kompromiß! Sieht mir mehr nach einem Diktat aus.

Auch sein angebliches Fehlverhalten im letzten Urlaub, als er noch am ersten Tag zum Boulespielen weggegangen sei und am Ende nochmal zwei Tage, möchte ich nicht generell verdammen. Ich will hingegen wissen, wann sie angekommen seien (also ob er abends noch mal weg war, oder nach der ersten Übernachtung einen ganzen Tag). Das sagt sie mir nicht. Sie behauptet, das sei völlig egal.

Außerdem begehre ich Auskunft darüber, wie lange der Urlaub dauerte, denn ein dreitägiger Kurzurlaub verträgt solches Verhalten m.E. weniger als ein Urlaub, der einen Monat dauerte. Auch hier behauptet sie, das sei egal. Schließlich erfahre ich aber, der Urlaub habe drei Wochen gedauert. Sie hatten aber vereinbart, daß der Urlaub gemeinsame Zeit sei, da hätte er das nicht gedurft, obwohl sie ihm ja erlaube, Boulekugeln mitzunehmen und gelegentlich mal eine Stunde zu spielen.

Zurück bei ihr darf ich noch auf einen Kaffee mitkommen, sie bietet mir auch an, mit zur Liebigstraße (Amt für Abfallwirtschaft) zu fahren, um die Spiegel wegzuwerfen, was ich aber auch alleine schaffe. Drinnen werde ich Zeuge des erwähnten Telefongesprächs mit D.. Danach dreht sich das Gespräch wieder um ihn, wobei ich wohl wieder mindestens Unverständnis ausstrahle. Deshalb meint sie, ich könne sie nicht verstehen, und ich bekräftige die Interpretation mit der Bemerkung, es sei wohl besser, wenn ich gehe, da die Atmosphäre gespannt sei. Ich weise aber darauf hin, daß sie das Thema "D." immer anschnitt, ich hätte mich mehrmals bemüht, von anderen Ereignissen berichten zu können, es sei mir aber nicht mal gelungen.

4.8.1998

Birgit ruft mich während der Werbeunterbrechung eines Spielfilmes kurz an und bietet mir an, ich könne meinen Drucker zurückholen (ich ergänze: und mein Messerchen), aber nur diese Woche, denn "Dann fahren wir für zwei Wochen weg". Ich denke "Hat Sie schon einen Neuen?" frage aber "Wer ist 'wir'?" Es handelt sich um sie und D.. Er hat sich wohl unterworfen. Ob er Boulekugeln in den Urlaub mitnehmen darf, erfahre ich nicht, weil das Gespräch schnell beendet wird, aber Birgit kommentiert noch, meine Beiträge wären nicht konstruktiv gewesen. Sie erkundigt sich außerdem nach einem Knöllchen wegen des Einladens im Halteverbot beim Flohmarkt, aber ich habe keines bekommen.

 

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