WDR Fernsehen
Redaktion Aktuelle Stunde
Düsseldorf
15. August 1997
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Falscher Gebrauch des Wortes "Flieger"
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mich stört sehr, wenn Sie Flugzeuge "Flieger" nennen. Dies geschah eben wieder mehrmals in einem Bericht über das Ferienende. Flieger sind Personen, i.d.R. männlichen Geschlechts (sonst Fliegerinnen). Die benutzten Geräte nennt man Flugzeuge. Eigentlich müßte das seit 1912 geklärt sein, aber beim WDR ist diese Erkenntnis noch nicht angekommen:
Nehmen wir beispielsweise den luftfahrtfachlichen Sprachgebrauch als Kommunikationsproblem jener Jahre. Jeglicher Sachverhalt, der mir und aus der Luftfahrt entstand, bedurfte auch der Bezeichnung. Lange sprach man vom Flieger, Flugschiff, Flugapparat, Aeroplan oder von der Flugmaschine, bevor sich das Wort Flugzeug durchsetzte, das von OTTO LILIENTHAL in den Luftfahrtsprachgebrauch eingeführt worden war. Auch für den Flugzeugführer existierten anfangs vielerlei Bezeichnungen bis hin zu Luftkutscher.
Heftige und kontrovere Diskussionen sind in der Fachpresse darüber geführt worden. Der sechste "Deutsche Luftschiffertag" a, 5. und 6. Dezember 1908 in Frankfurt a.M. hatte sich damit beschäftigt und schließlich einen Katalog von "aeronautischen Terminologien" angenommen. Im Jahre 1912 wurde dieser Katalog vom "Sprachausschuß des Deutschen Luftfahrer-Verbandes" wieder verändert, und es wurden die "Ausdrücke" Flugwesen (als Oberbegriff für Flugtechnik, Flugindustrie, Flugsport und Flugverkehr), Flugzeug (als Oberbegriff für "Kraftflugzeuge mit Triebwerk" und "Gleitflugzeuge ohne Triebwerk"), Flieger (als Oberbegriff für "Flugzeugführer" oder "Flugführer" sowie "Fluggäste oder "Mitflieger, die aber keine Passagiere sind") festgeschrieben.1
Ebenso sind Fernseher Personen und nicht Fernsehapparate.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Schnitzler
1 Günter Schmitt, Werner Schwipps: 20 Kapitel frühe Luftfahrt, Transpress, Ost-Berlin 1990 S. 168
Auf meinen Brief bekam ich keine Antwort. Eine Besserung ist auch nicht festzustellen.
Und fast ein Jahrzehnt später ist das Wort "Flieger" leider noch häufiger zu hören als 1997. Einen krassen Fall (nicht gesprochen, sondern gedruckt, zudem in der Überschrift), nehme ich zum Anlaß, der "Leserakademie der Aachener Nachrichten" zu schreiben, auch ohne Antwort zu bekommen:
Redaktion AN
Dresdener Straße 3
Aachen
29. Juni 2006
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AN_2006_06_29.sdw |
Steuerknüppel eines Fliegers
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich lese in Ihrer Leserakademie vom 26. Juni 2006 die Überschrift „Einmal am Steuerknüppel eines Fliegers sitzen“. Mein erster Gedanke war, weil ich viel an Sex denke „am oder auf dem?“. Da die zweite Überschriftsebene noch von einem „ungewöhnlichen Erlebnis-Seminar“ und „Schnupperflug mit Fluglehrer“ sprach, baute ich natürlich Erwartungen auf, die der Haupttext dann nicht befriedigte.
Schon der erste Satz „Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, eigenhändig ein Flugzeug zu fliegen?“ machte alle Hoffnung zunichte. Es ging also nicht darum, den „Joystick“ eines Piloten zu stimulieren oder die „Glocken“ einer Pilotin zu läuten, nein das Steuern eines Flugzeugs war Thema.
Dann schreiben Sie doch bitte konsequent „Flugzeug“ und wecken Sie nicht falsche Erwartungen mit „Flieger“ oder „Fliegerin“, denn das bezeichnet Personen, und zwar speziell ausgebildete, die ein Flugzeug (eventuell eines bestimmten Typs) beherrschen. Auch „Passagier“ und „Passagierin“ bezeichnen Personen, aber welche, die mitfliegen.
Zufällig weiß ich aus gut unterrichteten Kreisen, daß die Redaktion mal die Überschrift „ELTON JOHN will saugen lernen“ verworfen hat, weil das als sexuelle Anspielung verstanden werden könne. Wie konnte es nur passieren, daß Sie nicht nur das Gespür für sexuelle Anspielungen verloren haben, sondern auch die Kenntnis des Unterschieds zwischen „Flieger“ und „Flugzeug“?
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Schnitzler
Hintergrundmusik:Flieger_gruess_mir_die_Sonne.mid